Heute habe ich mir folgenden Film angesehen… (2025)

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Dieses Thema enthält 405 Antworten und 15 Teilnehmer. Es wurde zuletzt aktualisiert von Profilbild von DerSchweiger DerSchweiger vor 1 Stunde, 41 Minuten.

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    DerSchweiger
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    @derschweiger

    The long Walk – Todesmarsch [Kino – Spätvorstellung]

    Als Kind der 80er ist man mit King-Verfilmungen in Quantität durchaus verwöhnt – hinterfragt man die Qualität, schaut man gelegentlich arg in die Röhre. Der Kult um den Autor und seine Werke nimmt nicht ab, und anstatt sich einiger seiner starken Romane anzunehmen, wurden/werden in Vielzahl Remakes geplant und umgesetzt. Demnächst im „Running Man“, dessen Trailer zum Speien einlädt (Dann lieber das Original „Das Millionenspiel“ anschauen!!“).
    Nach „The life of Chuck“ gab es für mich zahlreiche Luftsprünge, die Vorfreude und angespannte Erwartung auf die Verfilmung meines liebsten Bachmann Romans war entsprechend hoch. Vielleicht zu hoch….?

    Amerika, irgendwann nach irgendeinem Krieg. (Wenn man nun einer mit Paralleluniversum kommmt, könnte man nicht mal widersprechen). Nach dem großen Krieg liegt das Land gefühlt in Trümmern, das einst stolze Land ist auch gesellschaftlich in sich zusammengebrochen. Um das Volk bei Laune zu halten und einen Schimmmer Hoffnung zu streuen, findet järhlich der große Marsch statt. 50 Teilnehmer laufen, so weit sie die Füße tragen. Der, der am weitesten kommt, gewinnt ein Preisgeld und erhält einen Wunsch erfüllt. Wer da nicht mitmachen will, ist selbst schuld!
    Erschwerende Hindernisse sind ein Mindesttempo von 3 Milen pro Stunde und das Erhalten von Tickets, wenn man das Tempo unterschreitet oder in die entgegengesetzte Richtung marschiert. Nach dem Erhalt des dritten Tickets scheidet man aus.
    Erhaltene Tickets können mit einer Stunde Marsch im Mindesttempo wieder egalisiert werden.

    Einfache Regeln für einen einfachen Wettbewerb. Als ich seinerzeit anfing das Buch zu lesen, fragte ich mich da schon, wo der Witz sein sollte… Tatsächlich entwickelt sich dieser in der Figur des Läufers. Das anfängliche Spazierengehen und unverfängliche Plaudern entwickelt sich mit der Zeit mehr und mehr zum Kampf gegen den eigenen Körper und Verstand.
    Großartig eingefangen im Roman.

    Der Cast in diesem Film ist weitestgehend großartig. Natürlich kann man nicht alle 50 Teilnehmer gleichberechtigt unter die Lupe nehmen, viele Disqualifikationen verpuffen dann eben auch im off (wobei die erste Bergetappe großartig inszeniert ist). Man verschmerzt auch, dass die Schauspieler nicht zwingend ihren Rollen zugehörig scheinen… Das widersinnige Konstrukt um Zuversicht, Freundschaft und der Hoffnung auf eine sorgenfreie Zukunft gepaart mit einem kompromisslosen Spiel erzeugt einen Reiz, dem man sich schwer entziehen kann. (Die Darstellung des Militärs, die auf das Einhalten der Regeln achtet, ist hier saustark inszeniert!!)
    Das Drehbuch will auch viele dieser Momente einfangen, teils nebensächlich scheinende Unterhaltungen erfahren dadurch mehr Gewicht und Intimität. Das Grauen, anderen beim Ausscheiden zuzusehen, befeuert die Angst, es selbst nicht ins Ziel zu schaffen. Trauert man also mit dem Ausgeschiedenen oder wird man sich den Konsequenzen seines Handelns wahr?
    Die Story bietet zahlreiche Anlässe, die Wandlung der Personen und Persönlichkeiten zu beleuchten und nimmt diese Herausforderung gelegentlich an.

    Eingefangen werden dabei Bilder, die aus den 60er Jahren zu sein scheinen. Sogar das tragbare Radio hat mehrere Jahrzehnte auf dem Buckel. Die Kamera ist dabei oft nicht mehr als der Betrachter vor den TV-Geräten – vermutlich… denn der Marsch wird angeblich live im Fernsehen übertragen.
    Erfreulich dabei ist, dass der Film die allermeiste Zeit im Hier und Jetzt bleibt. Einzig zwei Rückblenden, die die Motivation des Protagonisten zum Mitmachen erläutern, fallen hier aus dem Muster.
    Schlussendlich hätte man auch gerne hierauf verzichten können, denn mit allem Blut und Geschrei findet der eigentliche Horror doch (wie so oft bei King) im Kopf statt.

    Besonders stark fand ich die trostlosen Aufnahmen vom Wegesrand, die im Nachhinein aber leider auch nicht mehr als Filmmasse für den Trailer zu sein scheinen. Dennoch schön anzusehen, deswegen im Plus zu vermerken.
    Dazu einige Nachtaufnahmen, die richtig stark eingefangen sind.
    Die Figuren um Ray, Peter und Hank funktionieren untereinander sehr stark und fördern eine Nähe zum Zuschauer.

    Also alles gut im wilden Westen? Betrachtet man die Unterschiede vom Roman zum Film (was ja immer wieder „gerne“ herangezogen wird), fällt zunächst die kleinere Gruppe an Teilnehmern auf. Gut so, wie will man 100 Leute im Bild einfangen?
    Das Mindestalter zur Teilnahme wurde mal eben hochgesetzt. Heute ab 18, im Roman waren es heranwachsende Teenies. Zu hart zu Schauen oder einfach keinen guten Cast gefunden? Kann ich auch verschmerzen.
    Ein wenig kritischer bin ich mit den fehlenden Zuschauern am Rand (mit denen es dann aber die vorhin gelobten Bilder nicht gegeben hätte… oder doch?…). Diese bringen im Roman ein ganz anderes Drama in Gang, setzen den Läufern zu, auch wenn sie ihnen nur Gutes wollen. Der Effekt mit dem „I love You“ Mädchen verpufft im Film ohne jegliche Wirkung, das ist tatsächlich sehr schade.
    Bis hierhin aber alles ok, Veränderungen gehören dazu, man will ja auch ohne großen Aufwand zum Ergebnis kommen.

    Was mir aber wirklich gefehlt hat, war der Schmerz und das Leiden der Läufer. Klar, die Szenen gibt es – aber eher auf Stichwort: Oh, ein Krampf. Oh, Magenverstimmung. Oh, Stress.
    Die Laufen mehrere Tage und Nächte durch und sehen am Ende noch fast wie geleckt aus. Kann nicht sein, und das nehme ich der Regie tatsächlich übel.
    Der innere Kampf wird, mit einer Ausnahme, nie ein Konflikt mit den anderen Teilnehmern. Nach der anfänglichen Dramatik bis zur Bergetappe gibt kein spürbares Drama um die Figuren herum. Klar, der eine oder andere scheidet aus… der Weg zum Durchmarsch trotz aller Widerstände wird zwar in Worte gefasst, aber leider nicht glaubwürdig in Szene gesetzt.

    Das Finale muss dann auch mehr mit Worten erklärt werden, als dass man unwiderruflich darauf hinausgesteuert hätte. Hier hat man viel Potential verschenkt – wobei ich mich möglicherweise als Freund des Romans derart empöre. Würde ich ohne diese Perspektive also anders empfinden?
    Mark Hamill, der mich in „Life of Chuck“ sehr überraschte, spielt hier dann doch wieder auf erwartbarem Niveau.

    Am Ende gibt es mehr Licht als Schatten, man kann entspannt aufatmen. Momente zwischen den Zeilen funktionieren sehr gut (Stichwort Kaugummi), andere lässt man leider auf der Straße liegen (Haha, Wortspiel ;) ).
    Einige Kritikpunkte kann ich leicht verschmerzen, arg ins Gewicht fällt für mich das Fehlen des inneren Konflikts, die Qual eines jeden Schritts und schlussendlich die Hoffnung auf Erlösung. Die Szenen gibt es, aber erhalten nicht das Gewicht, dass ich hierfür „verlangen“ möchte.

    Ein beinahe Feel-Good Film um eine dystopische Welt mit Hang zur Selbstaufgabe. Verschenkte Unbarmherzigkeit im letzten Drittel und Finale… wer was „krasses“ erhofft, wird möglicherweise enttäuscht werden.
    Andererseits aber auch gut Anzuschauen, kaum Längen und die Möglichkeit, mit Anderen über die wesentlichen Inhalte des Lebens zu philosophieren.
    Gute King Verfilmung, aber leider mit Luft nach oben.

    7/10

    P.S. Auch wenn es die Spätvorstellung um 23 Uhr ist und der Saal höchstens zu 20% belegt war… warum muss man denn mit seinem „Ey Baby….“ telefonieren. Dem wünscht man dann ganz schnell ein Freilos für den nächsten Marsch.

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