DerSchweiger

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    Arthur der Große

    Wenn die Sneak offenbart, dass ein Film mit Hund in der Hauptrolle kommt, halte ich aus jüngerer Erfahrung rasch die Luft an.
    Dass es dieses Mal gut gegangen ist, hat verschiedene Gründe…

    Michael ist Extremsportler im Adventure Racing (laut Film: Der beste Adventure Racer der Welt, der nie einen Titel gewinnen konnte! Na denn). Leider stellt sich sein Ehrgeiz immer wieder der Vernunft in den Weg – so auch bei seinem bisher letztem Adventure Team Race, wo er entgegen aller Warnungen des Teams den falschen Weg einschlug und im Watt landete. Ein viel geliktes Bild seines Teamkameraden, dass ihn als ewigen „Verlierer“ in die Rente schickt, geht viral.

    3 Jahre später findet sich Michael nicht im Alltag zurecht. Scheinbar nicht fähig, dem feien Arbeitsmarkt zugestellt zu werden, arbeitet er seinem Vater (Immobilienmakler) zu. Dass er hierauf keine Lust hat, macht er ihm mehr als deutlich – doch was soll die Alternative sein?
    Na, der Gewinn der Adventure Team Meisterschaft vielleicht?

    Und so baut er sich sein Team, pumpt das Geld seiner Familie in das Projekt und setzt sich zum Ziel, dieses Mal das Ding zu gewinnen. Vor Ort begegnet er dann einem streunenden Hund, dem er aus Mitgefühl ein Fleischbällchen zuwirft. Schwuppdiwupp hat er einen neuen Weggefährten. Ob das zum großen Sieg reichen wird?

    „Arthur der Große“ punktet im Grunde bloß mit „Ooooohhhhh“ und „ooooooooooohhhhhhhh“ und dem merkwürdigem Gefühl, dass Mark Wahlberg einen lebenden, nichtmenschlichen Co-Star benötigt um wieder ein wenig Schauspiel auf die Leinwand zu zaubern.
    Bitte nicht falsch verstehen – das ist nicht preisverdächtig. Gemessen an seinen jüngeren Darstellungen erliegt man hier zumindest dem Gedanken, dass er wenigstens Spaß am Dreh hatte.
    Ob ein Adventure Race denn eine sehr gute Kulisse für einen Kinofilm darstellt, bezweifle ich. Die Sport- und Actionszenen sind schrecklich lahm inszeniert. Aufgrund des Wettbewerbs ist auch nie wirklich ersichtlich, wo man sich im Ranking befindet und wie viel Abstand zum vorderen und hinteren Team besteht. Spannung? Ne.
    Dazu eine lebensbedrohliche Szene, die zwar aufgebauscht, am Ende aber fad zu Ende gerollt wird.
    Der Cast um Wahlberg herum findet im Grunde kaum statt, aber das liegt nunmal auch daran, dass da ständig ein Hund in Großaufnahme gezeigt werden will.
    Das ist grundsätzlich nicht schlimm und entfaltet hier auch eine gewisse Wirkung,löst bei mir allerdings das eine oder andere Fragezeichen in Form der Geschichtenerzählung aus.
    Auf die (auch im Trailer) gestellte Frage, wie der Hund die halbe Insel schneller durchqueren kann, als das Team auf Rad und Seilbahn gibt es keine Antwort – auch wird der möglicherweise dahinter liegende Clou nicht weiter aufgegriffen.

    Zum Ende ist das Ende des Rennens nicht das Ende – etwas Sitzfleisch wird noch benötigt. Es geht dem Hund doch bitte gut?
    In Form der Erzählung, dem „Tempo“ im Actionmodus, dem Schnitt und dem Verwerfen von relevanten Fragen zugunsten einiger „Oooooohhhh´s“ ist das hier im Grunde ein eher solider Direct-to-stream Film. Warum der so ins Kino kommen muss… nun gut, die notorisch verlierende Fußballmannschaft hat es auch da hin geschafft – es scheint also einen Markt dafür zu geben.

    „Arthur der Große“ ist nicht groß, punktet aber mit einigen sympathischen Momenten. Fehlende Spannung (jedoch ein Stück von der Langeweile entfernt) zeigt schon früh die Richtung an.
    Der Film tut nicht weh und ist im Nachhinein schnell vergessen – es gibt Schlimmeres!

    4,5/10

    #241407
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    Oh la la – Wer ahnt dennerf sowas?

    Vor drei Wochen wurde ich mit dem Film in der Sneak überrascht und war erfreut.
    Französische Komödien gehen bei mir irgendwie immer, auch wenn die Bandbreite von Tiefe zu plumpkem Klamauk je nach Film vorab eine Überraschung bleibt.

    Zur Bekanntgabe einer die Klassen übergreifenden Ehe hat das Brautpaar von den Eltern mittels DNA eine Abstammungsurkunde erstellen lassen. Die Überraschung und das Entsetzen über die zutage kommenden Ergebnisse sind in der ersten Hälfte durchaus ein Brüller.
    Wer sich Humor wünscht, der wertfrei daherkommt und niemanden verletzen möchte, der möge bitte nicht einschalten.
    Wobei man sich hier aber sehr genüsslich in übertriebener Form den Klischees von Stereotypen einer jeweiligen Nationalität tummelt. Zugegeben, darauf muss man sich einlassen können. Die männlichen Hauptdarsteller Christian Clavier und Didier Bourdon tragen den Film mit böser Zunge, zur Schau gestellter Empörung und der Freude, dem Gegenüber eins reinwürgen zu können – nach einigen, teils herben, Nazi-Witzen kommt Clavier schließlich mit „Man wird doch mal einen Spaß machen dürfen“ um die Ecke.
    Großartig in Wort und Spiel!
    Die beiden Ehefrauen kommen dabei nicht ganz heran, bekommen durch das Drehbuch aber auch zugegeben einen sehr undankbaren Teil des Klamauks ab.

    Als sich zur Hälfte des Films die Gesellschaft auflöst, geht auch ein großer Teil des Humors flöten. Die teils bösen Wortgefechte fehlen, die mutmaßlichen Pointen über Eigenarten europäischer Nationen fallen meist plump zu Boden.
    Alleine in Szene können Clavier und Bourdon dann auch nichts mehr retten und der Zuschauer bemerkt die Fallhöhe von starkem Wortwitz zu 100 Jahre alten Witzen.

    Fürs Streamen durchaus ein Hingucker, für das Kino eine Nummer zu dünn. Da gab es zuletzt Komödien aus Frankfreich, die mit weniger Rabatz mehr Humor erzeugen konnten.

    5,5/10

    #240858
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    Imaginary

    Da hat Blumhouse mal wieder einen rausgehauen! Man müsste eigentlich mal nachzählen, auf wieviele Gurken ein guter Film kommt…

    Jessica zieht in das Haus ihres Vaters ein, nachdem man ihn wegen mutmaßlicher Demenz in ein Heim stecken musste. Ihr Mann und dessen Töchter aus erster Ehe begleiten sie dabei.
    Möglicherweise hat der Umzug ewas Gutes, denn Jessica plagt eine „Malblockade“. Zu dumm, dass ihr Verlag ihr nächstes Kinderbuch demnächst im Postfach liegen habe möchte.
    Während man sich also einleben möchte, bekommt die jüngere Tochter Besuch eines unsichtbaren Freundes. Kein Problem, hatte Jessica ja auch, was sie alles und jedem in diesem Film unter die Nase reibt.
    Scheinbar aber vielleicht doch schlimm, denn plötzich macht das Mädchen arg merkwürdige Dinge…

    Da dachte ich, mit „The Queen Mary“ und „Nightswim“ die schlimmsten Gruselunterhaltungsfilme der nächsten Zeit gesehen zu haben, da kommt nun dieses Filmchen auf die Leinwand.
    FSK16 und man fragt höflich, warum. Dabei muss ja nicht das Blut wie aus Eimern spritzen, aber etwas Spannung, Legendbildung und aufkommende Gefahr wären doch schon mal nicht schlecht.
    „Imaginary“ hat nichts davon. Schlechte Schauspieler an allen Ecken und Enden (wobei ich die Darstellerin des jungen Mädchens ausklammern möchte) und eine „Handlung“ die mit dämlich noch wohlwollend formuliert ist.

    Im letzten Viertel des Films gibt es ein kleines „Oho-„Erlebnis, wenn (leider arg billig) aufgezeigt wird, was man aus dem Film hätte machen können. Für Lobeshymnen hätte es wohl auch hier nicht gereicht, aber immerhin wohlwollende Worte über eine mutige Ausrichtung… nun gut, war ja nicht, also lohnt es nicht, weiter darüber nachzudenken.

    Die grundsätzliche Idee, einen Steiff-Teddy als mörderisches Spielzeug zu inszenieren, ist ja nicht sehr viel dümmer als den Geister eines Mörders in eine Puppe transferieren zu lassen. Trotzdem reichte es für den Einen zum Kult (den ich zugegeben so nie empfinden konnte), wohingegen man hier schulterzuckend darüber hinweggehen möchte.
    „Imaginary“ wirkt vielleicht noch, wenn es der erste Gruselfilm für 14jährige ist (und doch möchte ich ihn meiner Tochter nicht zeigen) – sämtliche scary-scenes hat man schon eine Millionene mal gesehen. Und selbst die 999tausend schlechten Ableger sind gefühlt besser zu bewerten.
    Dass sich der Film selbst leider allzuernst nimmt, ist noch das letzte „Auweia“, dass ich hier erwähnen möchte.

    2/10

    #240856
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    Drive-away Dolls

    Ethan Coen möchte mal einen Film ohne seinen Bruder drehen und präsentiert und seine Gedanken darüber, was Frauen wohl so machen, wenn sie unter sich sind….

    Jamie geht fremd und fliegt aus der gemeinsamen Wohnung ihrer Freundin raus. Zum Glück gibt es da noch die gute Freundin aus alten Tagen, die zwar höchst prüde und – wenn überhaupt – auf der Suche nach der wahren Liebe ist.
    Aus Gründen möchten sie zu ihrer Tante nach Florida fahren.
    Bei einer Autovermietung bekommen sie versehentlich den falschen Wagen zugewiesen – drei Gangster, die dort zuvor einen Koffer mit unheimlich wertvollem Inhalt versteckt hatten, finden das nicht ganz so witzig.
    So kommt es wie es kommen muss: Die Gangster verfolgen das Paar, während diese aberwitzige und frivole erotische Abenteuer erleben.

    Schaut man den Trailer zum Film, glaubt man tatsächlich einen Film mit (mäßig) humorvoller Handlung präsentiert zu bekommen. Tatsächlich aber sind nahezu alle Spielszenen bereits da zu sehen, den Rest des Films nehmen Dialoge über lesbischen Sex und die visuelle Umsetzung dessen ein.
    Dabei will man die Szenen nicht erotisch darstellen, vielmehr soll der Sex hier etwas Skurieles sein, dass man so ja nicht hat… und dann sind es auch immer Frauen die mit Frauen… ach Leute, das ist doch der Brüller!
    Dachte sich womöglich Herr Coen – mir erschließt sich der Humor hier nicht sonderlich, anders als einige junge Herren im Kino, die kaum zu glauben wagten, was sie da alles zu sehen bekamen.
    Andere Herren schienen dazu Glück mit ihrer Partnerin gehabt zu haben („Hach, wir könnten eigentlich öfter ins Kino gehen“).
    Insofern also vielleicht doch ein großer Wurf, den ich bloß nicht erkennen kann.

    Die Machart hingegen erinnert stark an 90er Jahre Indie-Kino (von denen ja auch einige Filme von den Coen-Brüdern beigesteuert wurden), ist hier aber sehr stimmungsarm und humorlos (weil unlustig) in Szene gesetzt.
    Für 1-2 leichte Lacher reicht es dann doch, andere Szenen sind auf einem ähnlichen Niveau wie Sex-Komödien der 80er Jahre.

    Den Film schaut man, wenn man nichts in einem Film ernst nehmen möchte und dabei ein mittelgroßes Budget in der Kameraarbeit (stellenweiste tatsächlich schön gefilmt) erkennen möchten.
    Irgendwie hinterlässt der Film ein ähnliches Gefühl bei mir, wie es „The dead don´t die“ getan hat. Für viele ein Meisterwerk, konnte mich aber zu keinem Zeitpunkt „packen“ und begeistern.
    Ist ok, aber niemand sollte traurig sein, „Drive-away dolls“ verpasst zu haben.

    4/10

    #240355
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    Lisa Frankenstein

    Lisa ist seit dem gewaltsamen Tod ihrer Mutter stark introvertiert und möchte nicht an der Gesellschaft ihrer Schule teilhaben.
    Ihre freie Zeit verbringt sie oft auf einem alten, versteckten Friedhof, wo sie das Grab eines ihr unbekannten Mannes „anhimmelt“.
    Zu Hause hat Lisa auch nicht viel zu lachen, entpuppt sich die neue Frau ihres Vaters als böse Stiefmutter, die keine Gelegenheit aulässt, Lisa niederzumachen.
    Als Lisa eines Nachts unfreiwillig einen Drogencoctail zu sich nimmt, geschehen seltsame Dinge – und ein vermeintliches Monster bricht bei ihr zu Hause ein…

    „Lisa Frankenstein“ ist ein Film, den ich im Wesen seiner Dinge beinahe als herzallerliebst bezeichnen würde.
    Hier treffen einige Horrorelemente auf eine Teeniekomödie, was zugegeben aber auch nicht das Rad der Kinowelt neu erfindet.
    Und doch gelingen einige Elemente und Anspielungen toll – besonders dann, wenn man klassische Gruselfilme mag und auch Gefallen am frühen Tim Burton gefunden hat.
    Viele Bildeinstellungen sind schön eingefangen worden. Auch die teils überzeichneten Charaktären lassen erkennen, dass hier jemand gerne Horrorkömodien der 80er Jahre gesehen hat.
    Das ist aber leider auch zugleich ein Schwachpunkt des Films. Wo überzeichnete Figuren wie in etwa „Beetlejuice“ oder „meine teuflischen Nachbarn“ als erzählerisches Mittel genutzt werden, sind die Figuren hier im Grunde einfach nur da. Bis auf die böse Stiefmutter gelingt es nicht, einer dieser Personen einen erzählerischen Mehrwert beizusteuern.

    Großartig hingegen ist Kathryn Newton als Lisa. Ihre Darstellung der charakterlichen (und optischen) Entwicklung des zurückgezogenen „Mauerblümchens“ ist stets auf den Punkt, jeder Blick und jede Geste erreichen ihr Ziel.
    Dabei lässt sie sich nicht auf schlimmes Overacting ein, das (so scheint es mir) aktuell im weiblichen Darstellerbereich en Vogue scheint, sondern bleibt stets bei ihrer Rolle und entwickelt sie glaubhaft weiter.
    Das ist zugegeben nicht einfach, denn die Story holpert und stolpert vielerorts unbeholfen daher.
    Als Gegenpol zu Lisa und gleichzeitig der Weckruf ihrer Selbstfindung agiert Cole Sprouse als Leiche (ups, hoffentlich kein Spoiler) schlimm. Ja klar, wir sprechen hier von einer Komödie, aber trotzdem darf man seine Rolle doch irgendwie ernst nehmen?
    Dabei fällt sein Unvermögen zu Beginn noch nicht so sehr auf, doch mit zunehmendem Erwecken totgeglaubter „Dinge“ wird seine Darstellung mehr und mehr unerträglich. Das OK-Make up zu Beginn wird mit Dauer immer weniger, womöglich um seiner Mimik mehr Spiel geben zu können… es sieht einfach dumm aus.

    Die Story an sich ist schräg, teils unerwawrtet blutig, dann auch wieder befreiend albern. Das ist, wie gesagt, kein KO-Kriterium, wenn denn der wichtige Cast auch mitmacht.
    Weil aber nur Lisa und ihre Stiefschwester (ein nicht überzeichneter Charakter) Spielraum in ihren Rollen finden können, bleibt der große Spaß am Ende doch leider aus. Das ist schade, hätte man mit einigen Akzenten mehr ein schräges Liebespaar darstellen können, das seinen Platz in der jüngeren Filmgeschichte sicher gehabt haben könnte.

    Weil man aber durch Newton Spaß und Leidenschaft am Projekt spürt und der Film auch einige sehr süße Momente bereit hält, hat er zumindest bei mir einen überdurchschnittlich positiven Eindruck hinterlassen. Dazu gibt es ein paar schön eingestreute Anleihen „alter Schinken“.
    Schaut man nüchtern auf den Rest des Films und die Darsteller, wird die Freude schnell getrübt.
    Das ist wirklich ein Jammer!

    6/10

    P.S.
    Wie sind denn aktuell eure Erfahrungen mit dem Kinopublikum? Zugegeben, ich gehe derzeit „nur“ in die Sneak, aber ein so respektloses Verhalten einiger Jungspunde gegenüber den Filmschauenenden ist mir in der Form noch nicht begegnet – bzw. nur einmal, als eine betrunkene Gruppe junger Männer meinte, Zirkus machen zu müssen.
    Hier werden während dem Film über lautstarke Gespräche über einige Plätze hinweg geführt, man spielt auf dem Handy rum und bepöpelt jene, die um Ruhe bitten. Schrecklich!
    Da vermisse ich schon die Zeit, in der der laut schmatzende Popcorngenießer neben oder hinter mir meine größte Sorge war ;)

    #240287
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    Schock

    Mit einem mulmigen Gefühl in die Sneak gegangen – der Flur blinkte schon in buntem Disco-Look und Bob Marley tönte aus den Lautsprechern… wäre „One Love(!!)“ nicht der Titel zum Valentinstag gewesen?… oh je

    „Schock“ hingegen hat mit dem Blumentag nicht so viel gemein, also erstmal alles gut, oder?
    Bevor es weitergeht: Bis der Film erzählt, wo es hingehen soll, ist er schon fast zur Hälfte vorbei, etwaige Inhalte sind somit als Spoiler zu verstehen, wenn man „ohne Trailersichtung“ in den Film möchte.

    Bruno verlor seine Approbation als Arzt durch Drogenmissbrauch. Seitdem schlägt er sich als Arzt für Jene durch die Kölner Nacht, die aufgrund von Umständen keinen eigentlichen Arzt aufsuchen können – wie etwa die illegal eingeschleuste Prostituierte mit Zahnweh. Doch auch wenn er sich ausschließlich auf Schwarzmärkten etc. bewegt, scheint sich das Leben zu lohnen. Allerdings macht es Bruno offensichtlich fertig.
    Nun geschehen zwei Dinge: Er bekommt ein scheinbar lukratives Angebot, einem Unbekannten Klienten eine nicht zulässige Immuntherapie zu verabreichen und sein Schwager, ein Gangsterboss im Rotlichtbezirk, wird angeschossen.

    Schaut man bei den üblichen Filmkritikern vorbei, wird der Film beinahe überschwenglich in den Himmel gelobt. Man, was muss das für ein Film sein! Millieu-Studie, erbarmungsloser Gangsterfilm, intensive Charakterstudie… ja gut, wenn in der Szene jeder mit jedem befreundet ist, dann hört sich das eben so an.
    Die Regie teilen sich wohl Daniel Rakete Siegel und Denis Moschitto, der sich auch als Hauptdarsteller wiederfindet.
    Grundsätzlich doof ist das natürlich nicht.

    Als ich nach gefühlt einer Stunde auf die Uhr schaute war ich überrascht, dass erst 15 Minuten vergangen waren. Der Film zieht sich, nutzt keines der inhaltlichen Angebote um Tempo aufzubauen. Jede Szene ist gefühlt 3-5 Sekunden zu lang gedreht. Dazu gibt es eine unglückliche Anzahl von Füller-Szenen.
    Dialoge finden nur spärlich statt, was im Grunde auch völlig ok ist. Allerdings dienen die wenigen gesprochenen Worte dann dazu, den Inhalt bzw. den bedeutsamen Rahmen der Geschichte zu umreisen.
    Ehe man also weiß, warum man dem ewig traurig guckenden Mann hinterläuft, braucht es lange. Und diese Länge wird nicht genutzt, den Charakter der Person nahezubringen.
    OK, wenn Charakterentwicklung ohnehin keine Rolle spielt, ist es wohl auch gar nicht nötig.

    Dazu gesellen sich ab Mitte des Films einige inhaltliche Pannen dazu, die leider einigermaßen schwer wiegen.

    Das Gute an „Schock“: Er sieht gut aus. Teilweise gelungene Kamerafahrten und Bilder, wie etwa der stille Gruß an Batman, wenn Bruno auf dem Dach eines Mehrparteienhauses auf einen Stadtteil Kölns herabblickt.
    Die Action Elemente sind wenig effekthascherisch gedreht. So gibt es z.B. keine künstliche Vertonung von Pistolenschüssen. Dadurch klingen sie beinahe wie Platzpatronen zu Fasching, machen das Ganze dann doch spürbar authentisch.
    Die Meisten, die getroffen werden, fallen und sterben – ohne dreifache Rolle oder „Sag ihr, dass ich sie liebe“. Gut gemacht.
    Trist ist im Grunde die Stimmung, die für den Film gültig scheint, und so sind auch die Beziehungen untereinander. Etwas aus der Rolle fällt dabei das Kennenlernen von Brunos Schwester (bei den Blicken die sie ihm zuwirft, nahm ich aber zuerst an, er sei ihre Affäre… uff!) ein wenig aus dem Raster fällt. Doch auch das relativiert sich im weiteren Verlauf.
    Einige Szenen sind derbe, teils sehr blutig und unangenehm zu schauen. Doch das ist der Film leider in Gänze, dabei aber aus verschiedenen Gründen.
    Gelacht wird nie, gelächelt eigentlich auch kaum und stoisch ist der darstellende Stil sämticher Schauspieler.

    Hinterher hatte ich das Gefühl, als 60 minütiger Spätabendkrimi hätte das Ding toll funktionieren können. Das auf 100 Minuten aufgeblasene Spektakel ist schlicht zu lang, oftmals zu belanglos und unnötig zu lang gefilmt und in Szene gesetzt.
    Ein bisschen Straffen und vielleicht den einen oder anderen Schauspieler mit Ersatzgesichtsausdruck wäre schön gewesen.

    Möglicherweise bin ich hier zu streng und ein Arte Film darf nicht „zackig“ sein.
    Die wenigen Momente, in denen der Film hätte Fahrt aufnehmen können, reichen leider nicht für Lobeshymnen.

    4,5/10

    #239983
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    Manchmal bereitet die Sneak aber auch unverhofft tolle Filme laufen. So auch hier:

    A great place to call home

    Milton, ein kauziger Rentner in einer idyllischen Kleinstadt, lebt ein ruhiges Leben. Zu seinem Alltag gehört die wöchentliche Teilnahme an der Bürgerversammlung, wo er z.B. hartnäckig vorschlägt, den Stadtslogan zu ändern.
    Wie es nun mal so ist: Lasst ihn doch reden, der steht nächstes Mal eh wieder hier.
    Seine Tochter indes macht sich große Sorgen, denn plötzlich findet sie Konservendosen im Bad und die Zeitung im Gefrierschrank. Oh oh….

    Eines Nachts wird Milton aus dem Schlaf gerissen, als ein UFO in seinem Blumenbeet notlandet.
    Kann doch nicht sein. Jedoch mehr als das Raumschiff, ärgert sich Milton über das zerstörte Blumenbeet.
    In der ersten Aufregung verschafft er sich im Supermarkt und der Bürgerversammlung Gehör, doch außer den beiden alternden Damen Sandy und Joyce mag (wie so oft) niemand zuhören.

    Ganz am Rande habe ich von dem Film mitbekommen, allerdings mehr hinsichtlich dessen, dass Ben Kingsley mal wieder mit einer Hauptrolle ins Kino kommt. Der Herr, der in so vielen Klassikern der Filmgeschichte aufschlägt, aber andererseits auch so viel (sorry) Grütze veranstaltet hat.
    Was also kann man hiervon halten?
    Zunächst: Wenn ich bei „Erwachen der Jägerin“ fehlende Logik kritisiere, muss ich vorausschicken, dass Logik hier kein Faktor ist!
    Wie kann es also doch gelingen, hier einen bemerkenswerten Film zu landen? Indem die Charaktäre schrullig aber wertschätzend geschrieben (und gespielt) werden. Weil die Botschaft eine grundlegend Gute und Schöne ist und weil der Film tatsächlich aufzuzeigen weiß, dass die Dinge irgendwann mal sind, wie sie nunmal sind.
    Dazwischen gibt es viele humorvolle Einlagen, ohne dabei jemanden bloß zu stellen. Das kindlich anmutende Alien ist Anker von einigen wort- und situationswitzigen Momenten, der die Handlung aber auch zugegeben nicht sehr weit voranschreiten lässt.

    Gelingt es, in dieses Szenario einzutauchen, berührt der Film auf einigen Ebenen.
    Man schmunzelt über Miltons Umgang mit der Situation und bei der Suche nach Treibstoff für das Raumschiff, leidet aber auch mit ihm, als ihm bewusst wird, dass sich die Dinge für ihn sehr ändern werden.
    Das Bild einer jungen Generation, die die älteren Menschen nicht ernst nimmt, ist ja grundsätzlich kein neues Thema für das Kino. Und doch schwingt diese Botschaft augenzwinkernd mit, ohne die Geschichte zu überfrachten oder per Plothammer ins Zentrum zu prügeln.

    Die Chemie zwischen den drei Hauptdarstellern passt, einige Dialoge laden herzlich zum Schmunzeln ein. Ob das UFO vielleicht doch noch jemanden auffallen wird?… Nun ja, etwas Platz für Kritik gibt es ja immer ;)

    Und doch: eine wundervolle Sneak-Geschichte. Bei Veröffentlichung auf einer von mir gebuchten Streaming Plattform ist ein Wiedersehen garantiert.

    7/10

    #239981
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    Das Erwachen der Jägerin

    Helena ist die Tochter des berüchtigten „Marsh-King“, der einst ihre Mutter in die Wildnis entführte und dort die gemeinsame Tochter naturnah aufzog.
    Heute lebt sie unter falschem Namen mit ihrem Mann und Tochter abgelegen einer gemütlichen Ortschaft. Vorsicht ist geboten, denn der Vater gelobte einst vor der Verhaftung, wieder für sie da sein zu wollen.
    Als ihm nun die Flucht beginnt, muss sich Helena ihrer Vergangenheit stellen um ihre Familie zu schützen.

    In den wöchtenlichen Trailern der Sneak hatte man das Gefühl, hier könne „die Wutz“ rennen. Irrer jagt liebenswerte Familie – oh je, hoffentlich geht alles gut.
    Der Film entpuppt sich dann jedoch als grundlegend anders.

    Hier liegt nun ein Film vor, den ich beim Sehen eigentlich mögen wollte. Trotz „Star Wars“ habe ich keine grundsätzliche Aversion gegenüber Daisy Ridley und freute mich, sie nun womöglich bodenständig und ohne Superkräfte anzuschauen.
    Leider aber trifft der Film einige unglückliche Entscheidung in Punkto Rückblenden, Spannungsaufbau, Charaktertiefe und Zuschauerbindung.
    Einige Bereiche des Films für sich hätten gut gelingen können – etwa das Einleben in die moderne Zivilisation, die das Waldkind erleben musste. Der Spagat zwischen Naturverbundenheit und leben in der Moderne hätte ohne klimatischen Zeigefinger (der hier glücklicherweise nicht erhoben wird!) schöne Momente bereit halten können.
    Oder man macht es so, wie es der Trailer suggerieren möchte: Irrer will sich seine Tochter schnappen, die nun ihrerseits ihre Familie zu beschützen versucht.

    Beides ineinander zu vermengen ist schwierig, und das vorweggenommene Fazit: Es gelingt nicht.
    Mit 110 Minuten ist der Film gar nicht mal so lang, aber er fühlt sich deutlich länger an. In einigen Momenten genieße ich die Zeit, die man sich nimmt. Leider werden die Elemente, die hier ausgebreiet werden, beliebig wiederholt. Das Besondere des Moments geht dadurch verloren und man ertappt sich beim milden Gähnen.

    Schauspielerisch weiß ich nicht recht, was ich davon halten soll. Mendelsohn als Vater und Ridley als Tochter kann man grundsätzlich das Talent nicht absprechen. Fraglich ist, ob die Vorlage denn überhaupt mehr zulassen konnte.
    Die Motivation lässt sich im Grunde nicht ergründen (OK, ist häufig so, wenn Verrückte Straftäter ihre Welt erklären), die notwendige Bindung an den Zuschauer mit (individueller) Plausibilität der Tat hätte gut getan.
    Dazu – und wen wundert es überhaupt noch? – sind die Dialoge teils zum Auflachen.
    Dazu lässt das Drehbuch Helena einige sehr dummdämmliche Dinge machen, bei der ich mich fragte, ob sie die Gefahr nicht doch hervorbeschwören möchte.
    Angeblich nicht, also muss man diese Handlungsebene schlicht als dumm benennen.

    Grundsätzlich ist das Gerüst der Geschichte nicht zwingend auf Logik aufgebaut, aber man könnte es ja verzeihen, wenn dieser Umstand Spannung erzeugen könnte. Tut er leider auch nicht.
    Der Showdown wird auch merkwürdig zerstückelt und in die Länge gezogen – 100 Rückblenden inklusive.

    Man, echt schade.
    Hätte man sich vorher Gedanken darüber gemacht, was man denn zeigen wolle…
    20 Minuten mehr Laufzeit, und er würde sich prima in den Katalog der aufgeblasenen und nichtssagenden Filmchen auf Netflix einreihen.
    Für das Kino schlicht zu dürftig, im Rahmen der Sneak allerdings noch wohlwollend zur Kenntnis genommen.

    4/10

    #239551
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    Home Sweet Home – Wo das Böse wohnt

    Die hochschwangere Maria zieht mit ihrem Mann in ihr gemeinsames Haus ein. So zumindest der Plan, denn in letzter Minute muss er an einem wichtigen Meeting teilnehmen. Maria will nun also die ersten Tassen alleine in den Schrank stellen.
    Nachdem der Strom ausfällt nimmt sie merkwürdige Geräusche aus dem Keller wahr.
    Zu allem Übel hat es das Baby ungeahnt eilig, auf die Welt zu kommen.

    Nilam Farooq war mir zuletzt in „791 KM“ der einzige Lichtblick – ein unverhofftes Wiedersehen mit ihr ließ ich mir gerne gefallen.
    Leider wird recht schnell klar, dass sie hier an ihre Grenzen kommt und dann leider darüber hinaus agiert. Gefühlt die Hälfte des Films begleiten wir sie dabei, wie sie ins Wohnzimmer geht, in den Keller, zurück ins Wohnzimmer läuft usw. Schwer atment, schnufend und mich selbst redend, wie es Schwangere nun mal machen.
    Leider wirkt das mit Krampf bemühte „Alltägliche“ arg gekünstelt. Es gipfelt darin, wie sie sich aus einem Buch vorliest.

    Die Story an sich ist kaum erwähnenswert, aber das haben viele Horrorfilme gemeinsam.
    Das erstaunlichste hieran ist eher, dass man einen traditionel angehauchten Horror aus Deutschland serviert bekommt.
    Inhaltlich darf man sich durchaus an andere Produktionen aus Übersee erinnert fühlen. In seiner Machart fällt der Film dann doch leider durch. Schlechtes Timing, die – zugegeben wenigen – Jumpscares sieht man schon Minuten vorher kommen, Storytelling und Dialoge, die einem vor unfreiwilligem Lachen die Tränen in die Augen jagen.
    Das Schauspiel ist größtenteils unangenehm anzuschauen, insbesondere dann, wenn Normalos urplötzlich Wahnsinnige spielen wollen.

    Und doch, zwischen all dem Gemecker und Gelächter, findet man die eine oder andere schön eingefangene Szene. An anderen Stellen entdeckt man gutes Potential, ist aber doch schnell enttäuscht, wenn dieses jäh weggewischt wird.
    Ein aufrichtiges Lob dann allerdings für das Konzept, den Film ohne Schnitt einzufangen.
    Tatsächlich vermutete ich an einigen Stellen einen „unsichtbaren“ Schnitt – eine Recherche ergab aber, dass wir es hier wirklich mit einem One-Shot-Film zu tun haben.
    Ja, die Kulisse macht es dem Konzept denkbar einfach, dennoch müssen die Dinge eben auf den Punkt gelingen. Hier bin ich positiv überrascht.

    Nehmen wir dieses Gimmick aber zur Seite, haben wir hier einen schnell durchschaubaren Horror, dem es oftmals an der nötigen Raffinesse in der Handlung bzw. Interaktion der Figuren mangelt und dessen Dialoge besser nicht aufgenommen worden wären.
    Nach gut 80 Minuten ist dann aber jäh Schluss, eine Wohltat wenn man bedenkt, dass heutzutage beinahe jeder Murks auf mindestens zwei Stunden aufgeblasen werden muss.

    „Home Sweet Home“ wird diejenigen erschrecken, die ausschließlich deutsche Produktionen der öffentlich-Rechtlichen schauen – so fair darf man sein. Geübte Horror-Zuschauer halten nach einigen Minuten schon gähnend die Hand vor den Mund oder machen es wie der halbe Saal in der vergangenen Sneak: Man geht einfach früher.

    Ich weiß nicht, ob ich dem Film in einigen Punkten Unrecht tue und ihn für die falschen Dinge lobe – eine Wertung fällt mir hier tatsächlich eher schwer. Selbstredend nicht über 5, aber ein Totalausfall, der er zu oft zu sein scheint, ist er für mich auch nicht wirklich.

    4/10

    #239423
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    Wo die Liebe hinfällt

    Bea muss dringend auf Toilette, bekommt in einem Café aber nicht die Erlaubnis, diese zu nutzen. Zum Glück springt Ben ein und besorgt ihr den Schlüssel. Nach geglücktem Toilettengang verabredet man sich auf ein Date und ganz offensichtlich knistert es zwischen Beiden.
    Am nächsten Morgen schleicht Bea aus der Wohnung, Ben ist gekränkt… und als sich beide das nächste Mal zufällig über den Weg laufen, ist die Stimmung entsprechend mies.
    Zu allem Überfluss sind sie Gäste einer Hochzeit in Australien, wo der privaten Gesellschaft die ewig schlechte Laune der Beiden auf den Senkel geht. So beschließt man, die Beiden wieder miteinander zu „verkuppeln“, denn Sex löse ja so ziemlich jede Spannung. Bea und Ben spielen das Spiel mit, jedoch mit der Absicht, dass Bea nicht mit ihrem Ex zusammenhocken muss und Ben wiederum seine Ex so eifersüchtig macht, dass sie wieder auf ihn steht.

    Klingt ungefähr genauso witzig, wie es aussieht.
    Dabei ist es die typische Art schräger Komödie, die uns in den vergangen Jahren duchaus mit einigem Witzen unterhalb der Gürtellinie verwöhnt hatte.
    „Wo die Lüge hinfällt“ verzichtet beinahe ausschließlich auf solche Brüller, was auch durchaus wohltuend anzuschauen ist.
    Andererseits bietet die konstruierte Handlung keinerlei Falltiefe. Die Begründung, warum sich Bea und Ben zusammenraffen sollen, ist zu arg bemüht um sich dabei in irrwitzigen Situation (die es mit einer Ausnahme so auch nicht gibt) wiederzufinden.

    Von vorne bis hinten ist das hier ein Feel-Good Komödchen, das niemanden weh tun möchte. Das ist grundsätzlich fein, aber man verpasst an beinahe sämtlichen Stellen den Witz in den Witz zu bringen.
    Die Chemie zwischen den Darstellern ist niemals spürbar. So ist der gepielte Widerwille, gemeinsam eine Hochzeit zu begleiten, genauso wenig spürbar wie die möglicherweise aufkeimende Romanze zwischen ihnen.
    Auch das Brautpaar weiß keinerlei spürbare Funken zu versprühen, die eifersüchtig zu machende Ex muss im Grunde auch immer aussprechen was sie gerade darstellen will – man würde es sonst nicht erkennen.
    Einzig Beas Ex, der unter falschen Versprechungen zur Hochzeit eingeladen wurde, hat noch das Gefühl als Schauspieler unterwegs zu sein. Exotisch anmutend in diesem belanglosem Meeting, erfreulich für jede Szene und gleichermaßen bedauerlich, denn man ahnt, was man hätte bekommen können…

    Andererseits sind die Bilder jeweils schön eingefangen, der Abspann hat einen liebevollen Charme, den der vorherige Film leider vermissen lässt und hier und da wird man durch einen Sidekick zum Schmunzeln eingeladen.
    Genauso wie bei „Next goal wins“ vorige Woche, fehlt die Tiefe und das mögliche „Drama“, das einer Komödie Witz und nachhaltigkeit verleihen kann.
    Mit mir hat der Film zugegeben nichts gemacht, wobei ich aber auch nicht die angestrebte Zielgruppe wiederspiegle. Möglicherweise hat ein jüngeres Publikum mehr Freude an dem Film.

    5/10

    #239370
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    Next Goal wins

    Amerikanisch-Samoa wird nie genannt, wenn die großen Fußballnationen aufgezählt werden. Das ist verständlich, war man doch jahrelang letzter der FIFA-Weltrangliste. Nicht förderlich für den Qualitätsgedanken gegenüber der Fußballwelt erlangte man durch eine 0:31 Niederlage gegen Australien in 2001.

    Einige Jahre nach dieser Schmach dümpelt Amerikanisch-Samoa weiterhin sieg- und vor allem torlos vor sich hin.
    Verbandsmanager Tavita hat die Nase voll und möchte einen möglichst erfahrenen Trainer für seine Inselmannschaft gewinnen.
    Just zu dieser Zeit wird der Erfolglose Coach Rongen seines Amtes enthoben. Willste weitercoachen? Man hätte da eine interessante Idee….

    Weiter muss man über die Story nicht berichten. Dazu ähnelt sie zu sehr den üblichen „Versager übernimmt erfolglose Kindermannschaft einer populären Sportart und führt sie allen Widerständen zum Trotz zum Erfolg“ Filmen, die wir kennen (und lieben?)
    Anders hier: Der Fokus liegt nicht auf dem Gewinnen. Alles, was Amerikanisch-Samoa erträumt, ist endlich ein Tor in einem Qualifikationsspiel zu erzielen.
    Doch auch hier scheint es bloß beim Wunsch zu bleiben.

    Taika Waititi (der selbst als Erzähler und Priester auftritt) bastelt hier eine leichtfüßige Komödie über einen ebenso talentfreien wie auch sympathischen Underdog, der aber deutlich Biss und Spannungen vermissen lässt.
    Humorvolle Konfrontationen des Clash-of-Culture (auch sportlich zu verstehen) bleiben selten.
    Auch einige ernsthafte Töne werden leider nur nebenbei behandelt, ohne ihrer Tiefe im möglichen Kontrast zur humorvollen Abhandlung der sportlichen Aufgabe im Geringsten gerecht zu werden.

    Alles hier wirkt wie eine lästige Pflichtaufgabe für Waititi, Fassbender und Moss, die augenscheinlich keine Lust an diesem Projekt haben und somit jedwede „Liebe“ im Dreh und Schauspiel zu Hause lassen.
    Schön leichtfüßig dagegen die Darsteller der Inselbewohner, allen voran Kaimana, die als erste Transperson an einem Qualifikationsspiel zur Fußball-WM auflief.
    Kritisiert wird hier gerne, dass der Fokus nicht intensiver auf ihr und ihrer Leistung liege… Nun, es ist aber ein Film über ein Team und nicht den vermeintlichen Star einer Gruppe. Insofern bin ich mit der Gewichtung ihrer Story durchaus zufrieden, krankt doch es doch wie oben genannt auch hier am nötigen humoristischen Augenzwinkern einerseits und der, möglicherweise, benötigten erzählerischen Tiefe.

    OK, ich will ja einer leichten Komödie nicht nachsagen, man habe hier leichtfertig einen Oscar weggeworfen. Tatsächlich habe ich an einigen Stellen hörbar schmunzeln können, dazu gab es den einen oder anderen Lacher. Alles ok, für den im Abo enthaltenen Stream sicher eine Sichtung wert. Das Format Kino bringt hier allerdings keinerlei mehrwert.

    5/10

    #239329
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    Rebel Moon

    Der Film bot vor Release ja schon eine Menge Gesprächsstoff, der zugegeben auch schon zur Mythenbildung hätte reichen können.
    Die Idee sei 2x den Machern von Star Wars angeboten sein worden – ne, man wollte den „guten“ Stoff verfilmen. Dass „Gut“ immer relativ ist, wissen wir dann seit den Prequels der Filmreihe.
    Snyder will uns nun erzählen, dass bei Star Wars kein Interesse bestünde, denn der Film sei zu düster und hart (ja gut.. „Andor“).
    Aber es weckt immerhin Interesse.
    Knackpunkt: Zack Snyder. Von all seinen Filmen habe ich im Grunde nur bei „Dawn of the Dead“ nochmals Lust gehabt, ihn erneut zu schauen. „Man of steel“ hatte ich mögen wollen, ist wegen Anfang und Ende aber nicht gelungen. „Watchmen“ war mir zugegeben zu sperrig, lang und ohne Vorkenntnisse an jedwede Comic/Superhelden Wurzeln einfach nicht schaubar.

    Also gut, zwischen den Jahren weniger Termine, da bleibt auch die Zeit für über 2 Stunden „Wäre so gerne Star Wars“.
    Für die Laufzeit, und da reibt man sich die Augen, ist die Story mit 1-2 Sätzen erklärt: Das Imperium „Muttererde“ benötigt Getreide, um seine Armee zu füttern. Ein paar Bauern finden das doof und bekommen Ärger. Rumms, Peng, Bumm in ganz viel Zeitlupe, Blabla und Ende.

    „Rebel Moon“ hat ein paar Bilder, die mir tatsächlich gut gefallen haben. Leider gibt sich Snyder im Laufe des Films keinerlei Mühe, die Vorbilder für geklaute Szenen möglichst geschickt in seine Story einzubetten, sondern haut sie ungefiltert beinahe im 1:1 rein. Das wirkt durchaus schlampig und hilft dann auch nicht die Bohne, das wirklich üble Drehbuch zu kaschieren.
    Was sind denn das für Dialoge? Und warum sprechen alle, als wären sie frisch vom Schulhof gekommen? Bad Boys goes Weltall.
    Die glorreichen Sieben, bzw. sieben Samurai kämpfen gegen eine (wiedererstarkte) Rote Welle. Dabei besiegt der Steineklopfer eben das High-Tech Imperium mit einem Schulterzucken. War damals bei „Rocky IV“ schon übertrieben doof, und wird auch im Hier und Heute nicht besser.
    Dass das Imperium auch nicht eine Sekunde eine wirkliche Bedrohung, sondern vielmehr eine mit Sexstau geplagte Soldatentruppe aus „Die Verdammten des Krieges“ ist, hilft auch nicht weiter.

    Man kann hier tatsächlich Szene für Szene auseinanderpflücken. Dabei lagen die gute Zutaten doch auf dem Tisch.
    Warum man dann auch noch alle fünf Minuten ellenlange Zeitlupenszenen bringen muss, erschließt sich mir nicht. Das sieht bei der Bork-Königin… äh, Spinnenfrau… dann mal ganz ok aus, aber wieso wird denn beinahe jeder Schusswechsel in Slow-Mo gezeigt?

    Die Hoffnung einiger Zuschauer besteht im „Snyder-Cut“ des Snyder Films. Junge!
    Gore und Härte habe ich nicht vermisst, der Film krankt im Grunde fast allein bei der fehlenden Fleißarbeit beim Drehbuch- (und Dialog-) Schreiben und der nicht existenden Figurenzeichnung – von Entwicklung wagt man ja kaum noch zu träumen.
    Sollte also der 4-6 Stunden Cut des Regisseurs dann tatsächlich „dunkler“, „härter“ und „Erwachsener“ sein… dreht er dann den Film nochmal komplett neu?
    Man darf gespannt sein… ich bin es, zugegeben, nicht.
    Der für April bekanntgegebene Release von Teil 2 juckt mich schon nach Abspann nicht mehr.

    3/10

    #239209
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    The Queen Mary

    Da traut man sich am 2. Weihnachtstag tatsächlich ins Kino und wird mit diesem Grusler überrascht! Hach, besser kann das Jahr nicht enden…??

    1938 schleicht sich eine Gaunerfamilie aus der dritten Klasse auf eine Halloween-Party der ersten Klasse. Der Schwindel fliegt jedoch auf und Mama und Papa werden zurück unter Deck gebeten – das Töchterlein darf dabei ungestört am Tisch sitzen bleiben (der jetzt doch eigentlich für das Paar aus der ersten Klasse bereit stünde???).
    Während Papa schmollend durch das Schiff schlendert, zieht sich Mama in die Kabine zurück.

    Im Hier und Jetzt besucht Anne mit ihrem Sohn die zum Touristenschiff verkommene Queen Mary um an einem Buch zu recherchieren.
    Hier trifft sie auf ihren Ex Patrick. Dieser nimmt den Sohnemann mit auf eine Führung durch die Decks des Schiffs… bis dieser plötzlich spurlos verschwunden ist.

    Der Film verdient es tatsächlich, dass man ihn beinahe Szene für Szene auseinander nimmt, um größere Spoiler zu vermeiden, belasse wir es aber bei der deutlich abgespeckten Inhaltsangabe.
    Meint man es böse, könnte man auch sagen: Will man den Film beschreiben, wird man für dumm gehalten. „Überleg Dir doch bitte, dass Deine Geschichte eine Reihenfolge erhält…“

    Meine Vorfreude verflog tatsächlich bald. Gründe finden sicher auf mehr als zwei Stunden jede Menge.
    Der Film ist deutlich zu dunkel!! Aber nicht die wirkungsvolle situative Dunkelheit, die man aus guten Produktionen kennt – sondern durchweg. Auch im Grunde helle Szenen laufen wie unter einem UV Filter.
    Das Gute daran: Es bleibt einem in diesen Momenten das arg dürftige Schauspiel sämtlicher Mimen erspart.

    Der Film hat keine Struktur, keinen durchgehenden erzählerischen Faden. Ja, jetzt kann man den Regisseur dafür loben, es nicht wie andere Filmemacher ausprobieren zu wollen… aber doch bitte nicht so.
    Hier wird in der einen Szene auf das geschi***n, was einige Sekunden zuvor (verbal) etabliert wurde.
    Die Ironie des Ganzen: Hätte man sich entschieden, die Nummer konventionell zu erzählen, dann hätte ein passabler Grusler daraus werden können – das Setting „Schiff“ hätte zudem noch gewinnen können, fallen mir tatsächlich nur wenig gute Horrorfilme auf Schiffen ein.

    Die Kamera ist oftmals eine Zumutung! Wirre, ziellose Kamerafahrten – die wohl die undurchsichtigkeit der Geschichte unterschreiben möchten -, die irgendwie im Nichts verpuffen.

    Wenn nach ca. 70 Minuten dämmert, worauf der Film hinausmöchte, kann man tatsächlich einige dieser wirr über die Leinwand geschmissenen Handlungsstränge verbinden.
    Und dann, als hätte man den Zuschauer dabei ertappt, ein Licht im Dunkel zu sehen, wird wieder eine Handlungsebene aufgemacht.
    Es soll dabei das „Große Ganze“ aufgedeckt werden… hui hui hui… geht darauf bloß nicht ein! Sackgasse…
    Und wenn Anne im letzten Drittel dann in die Gänge plärrt „Das ist nicht real!“ wünscht man sich, dem wäre so. (Fragt man sie allerdings, warum sie überhaupt auf das Schiff gekommen ist… Ach ne, dann hätte man einer Idee folgen müssen).
    Ein paar Momente später trällert eine Dame auf dem Schiff sinngemäß „Ich will hier raus!“ und ich leide mit ihr.

    Schlimm, ganz schlimm, was man hier vorgesetzt bekommt. Lustlose Schauspieler folgen einem Drehbuch, das so nicht zu existieren scheint. Hinter jeder Ecke lauert eine „tolle“ Idee / Rückblende, und doch wird nichts daraus gemacht.
    „The Queen Mary“ ist kein Geisterschiff sondern eine belanglos zusammengeschusterte Geisterbahnfahrt von Wanderschaustellern.
    Der in einigen (dümmlichen) Szenen plazierte Gore ist allerdings gut anzusehen.

    Der filmische Rauschmiss aus dem Kinojahr entpuppt sich so leider zum großen Rausschiss.

    2/10

    #239205
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    Girl you know its true

    Die Vorweihnachtssneak brachte letzte Woche für das Publikum schon mal vorab ein kleines Geschenk. Spontaner Applaus als der Titel auf der Leinwand erschien.
    Meine Vorfreude hielt sich dagegen in Grenzen… zu Recht?

    Der adoptierte Rob Pilatus (der Vorzeigeschwarze im beschaulichen Münchner Vorort) hat einen großen Traum: Er möchte Sänger werden.
    Seine Eltern hingegen haben andere Pläne „Mach doch mal dein Studium zu Ende!“
    Ne, sowas sagt man einem Rob nicht und schwups ist er ausgezogen.
    Mehr schlecht als recht schlägt er sich als Breakdancer auf den Straßen Münchens durch, bis er den aus Paris kommenden Fabrice Morvan kennenlernt.
    Nach einer optischen Auffrischung der Haare sind sie tatsächlich der Hingucker in jeder Disco, werden für Zeitschriften und Kataloge fotografiert und werden als Hintergrundtänzer für Pop-Sternchen gebucht.
    Es läuft gut, bis der Musikproduzent Frank Farian auf die Beiden aufmerksam wird.
    Sein Plan: Nach Boney M. den nächsten Hit-Garanten zu etablieren.
    Rob´s und Fab´s Freude ist dann jedoch nur von kurzer Dauer: Sie sind bloß die Gesichter der neuen Marke, deren Sänger aufgrund des nicht medienwirksamen Aussehens geheim gehalten werden sollen.

    „Unter Protest“ macht man die Nummer mit, wird sie doch auch gut bezahlt. Und schwuppdiwupp landet man nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA in den Charts….

    Selbst kann ich mich noch an den „Skandal“ erinnern. Persönlich hat es nichts mit mir getan, obwohl einige ihrer Songs regelmäßig in der Kinderdisco unseres Dorfes liefen.
    Den Hass bekam ich auch nicht so sehr mit, bloß, dass sie plötzlich von der „Bildfläche“ verschwunden schienen.

    Elan Ben Ali und Tijan Njie spielen die Marionetten, die tatsächlich glaubten, erfolgreiche „Sänger“ zu sein, bombastisch gut!
    Während Fab immer wieder Zweifel in den Ring wirft, ob das denn alles richtig sei, was sie tun lebt Rob seinen großen Traum.
    Sympathisch macht es beide auf der Leinwand zugegeben nicht vollumfänglich, aber in diesem Film sieht niemand wirklich „gut“ aus.
    Und wo wir beim Thema Aussehen sind: Schweighöfer und Bella Dayne als Frank Farian und dessen (Ex)Freundin + Geschäftspartnerin Milli glänzen mit wirklich mieser Perücke.
    Schweighöfers Spiel wird in der Presse in den höchsten Tönen gelobt, das ist mir so aber nicht wirklich aufgefallen. Vermutlich (und da kann ich offenbar nicht objektiv genug sein) liegt es daran, dass ich ihn in seinem generellen Auftreten unaustehlich halte und er (meiner Meinung nach) den cholerischen Musikchef nicht glaubhaft darzustellen weiß.
    Sicher: Er schreit einige Male ins Telefon, der eine oder andere kernige Spruch zündet sogar, aber besser als „gut“?

    „Milli Vanilli“ schaut sich bei 2 Stunden sehr gut und flüssig. Die Zeit nach ihrem Crash wird zwar abgebildet, und doch fehlen noch die eine oder andere Randnotiz. Das fällt aber tatsächlich kaum ins Gewicht.

    Optisch sind wir hier im sehr guten Niveau unterwegs. Insbesondere die Konzertszenen brauchen den Vergleich mit anderen Biopics der Musikwelt nicht scheuen. Auch der Kontrast zwischen L.A. und München ist toll eingefangen. Dabei kommt mir weniger die Kartoffelsuppe in den Sinn, als der nachdenkliche Farian, der in die ländliche „Langeweile“ schaut, während sein Kunstprojekt in Amerika ein Leben in Sauß und Brauß lebt.
    Dabei hat Farian selbst ein dickes Bankkonto, das wird im Film allerdings nur indirekt thematisiert.

    „Girl you know its true“ war für mich eine positive Überraschung – während andere wissend sagen: „War doch vorher klar!“
    Ein unterhaltsames Biopic über schnell verglühte Popsternchen in tollen Bildern und mit Songs, die teilweise heute noch zünden können. Dazu zwei Hauptdarsteller, die man besser hätte nicht wählen können.

    Abrunden lässt sich der Film mit der Doku „Milli Vanilli“ auf Paramount+

    7/10

    #238800
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    Silent Night – Stumme Rache

    Ich stelle mir folgendes Szenario vor: John Woo lädt vorab zu einigen Probedrehs ein, dann streiken die Autoren und sämtliche Dialoge, die für den Film vorgesehen waren, sind nun weg. Was tun? Man hat ja noch die Probeaufnahmen, schneidet sie „clever“ aneinander und verkauft es als innovativen Actionfilm.
    So wird es nicht gewesen sein, aber das Ergebnis kann im Grunde nur durch ein solches Szenario schön geredet werden.

    Nachfolgend haben sich einige Spoiler eingeschlichen (sofern es bei Rache-Action denn „Überraschungen“ geben sollte) – deshalb bitte mit Vorsicht genießen ;)

    Es ist Heiligabend, als Brians Sohn durch eine Kugel sich rivalisierender Gangs getötet wird.
    Im ersten Impuls rennt er den Übeltätern hinterher und wird schließlich von Playa, dem Gangsterboss, niedergeschossen.
    Brian überlebt knapp, doch fortan kann er nicht mehr sprechen.
    „Still“ macht er sich nun an die Arbeit, die Übeltäter zur Strecke zu bringen.

    Ja, die Story ist Standart. Durchschnittsmann macht sich binnen einiger Trainingsmontagen zum Megakiller und legt ein Drogenkartell lahm. Gäbe es doch mehr solche Typen….
    Speziell wird der Zirkus dadurch, dass es nicht nur Brian, sondern nahezu dem gesamten Cast die Sprache verschlägt.
    Das hätte vielleicht sogar gelingen können, wenn der Fokus mehr auf Brian und seinem Umgang mit den Übeltätern gelegt geworden wäre. So aber ist beinahe die Hälfte des Films Altag zu sehen. Brians Frau hat ob seines Sprachverlusts möglicherweise Sprechverbot bekommen, oder zeigt sich schlicht solidarisch… keine Ahnung, warum sie ausschließlich per SMS mit ihm kommuniziert, obwohl sie drei Meter von ihm entfernt steht.
    Genauso alle anderen Situationen, in denen Brian „im Untergrund“ einkaufen geht, ein Kind vor dem Baumarkt knuddelt oder Playa dabei zusieht, wie er Geld unter den armen Kindern verteilt. Nonverbal, denn in Mexiko spricht man nicht miteinander.

    Wie gesagt: Das hätte bei anderer Herangehensweise gelingen können.
    Auch der immer wieder kehrende Fokus auf Brians Verlust und das er ja eigentlich ganz schön traurig ist, wäre in einer Szene erzählt und glaubhaft vermittelbar gewesen – dass es 4-5 Mal wiederholt werden muss, ist dem Guten zu viel.
    Dadurch wird auch die Prämisse, die solchen Rache-Filmen doch auch immer etwas Rohes, Knurrendes und (selbstredend) Gewaltätiges beschert, in vielen Momenten unfreiwillig komisch.
    Gut, Action Komödien gibt es ja auch – hätte auch irgendwie funktionieren können.

    Letztlich, und das hat mich beinahe am meisten erschrocken, tut das „Schauspiel“ durch die Reihe weg ihr Übriges.
    Wenn ich vorige Woche noch über ärgerliche Darstellungen deutscher Schauspieler meckerte, weiß ich nicht so recht, wie ich diese Nichtleistungen in „Silent Night“ beschreiben könnte.
    Niemand, wirklich niemand, kann sich in diesem Szenario der Wortlosigkeit mit irgendeiner Mimik oder Körperlichkeit durch die Szene retten.
    Joel Kinnaman als Brian hat dabei noch den dankbarsten Part. Wenn er 99% des Films mit herunterhängenden Mundwinkeln daherläuft, ist das wohl seinem Verlust zuzuschreiben. Wenn dann mal ein Tränchen kullert… na ja.
    Danach geht es aber schon direkt ins Bodenlose. Playa… was soll das denn für eine Darbietung sein? Ein Cop, der von Brian per USB Stick die Auflösung des Falls bekommt… meine Herren! Ein bisschen Mühe gibt sich da noch Brians Ehefrau, aber wie gesagt: Wenn man seinen Gefühlen allein per SMS Ausdruck verleihen darf, dann ist das eben auch so nur Mist.

    Positiv dagegen einige Actionszenen. Ich selbst frohlocke nie, wenn ein Film nur auf Kloppen und Hauen aufgebaut ist – aber hier wurde man von dem stillen „Unsinn“ befreit. Einige Momente werden lang und intensiv zelebriert, andere mal mit einem Headshot per Schrotflinte gelöst. Das geht in Ordnung.
    Befremdlich dagegen finde ich, dass der Protagonist ganz offensichtlich als „Ar*****ch“ gezeigt wird. Um sein Ziel zu erreichen sterben links und rechts des Weges einige Unschuldige, was er mal eben mit einem Achselzucken abtut. Letztlich ist er dann wieder mit seinem Sohn vereint…. dass dadurch Mama und Ehefrau gleich zweimal in den Hintern getreten bekommt ist dann eben so.

    „Silent Night“ bietet in den letzten 40 Minuten Einiges an Action, dass sich auch ein „Nicht-Action-Purist“ gut anschauen kann. Eingebettet in ein beinahe dümmliches Szenario mitsamt vierseitigem Drehbuch bleibt es aber auch der einzige Gewinn des Films.
    Alles andere ist schlicht schlecht.

    3,5/10

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