Antwort auf: Heute habe ich mir folgenden Film angesehen…. (2019)

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DerSchweiger
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@derschweiger

Verachtung

Die Sneak machte es möglich, dass ich nun die 4. Verfilmung des dänischen Ermittlerteams nach einer Romanvorlage von Adler-Olsen sehen konnte. Die drei Vorgänger habe ich nicht gesehen.
Macht es den Sehgenuss nun geringer?
Möglich, schließlich präsentiert man hier um den mürrischen Ermittler Carl Morck ein gewachsenes Team, das augenscheinlich auch schon einiges gemeinsam erlebt haben dürfte.
Nun steht Assad, langjähriger Kollege und Beinahefreund von Carl vor einer Versetzung. Die Stimmung könnte kaum schlechter sein – ein neuer Fall zeigt hierbei die Verbundenheit, aber auch die Brüche des Teams.

In einer Kopenhagener Wohnung werden in einem versteckten Zimmer drei mumifizierte Leichen gefunden. Drapiert um einen Esstisch sind ihre Genitalien als letzte Speisung angerichtet.
Die Spuren führen in die Vergangenheit – in eine Zuchtanstalt für junge Frauen auf einer dänischen Insel, wo man den vermeintlich gesellschaftlich entrückten Mädchen mit zuweilen drastischen und entwürdigenden Methoden Sitte und Anstand zuteil werden lassen möchte.
Doch welche Rolle spielt dabei der heute hoch geachtete Arzt Wad?

Gearbeitet wird hier mit zwei Zeitebenen, die allerdings schon früh keine Fragen mehr aufwerfen sondern recht bald erkennen lassen, wohin der Hase laufen wird. Das, den Plot überspannende, Thema der Rassenhygiene gerät dabei jedoch nicht so sehr in den Vordergrund wie das tragische Schicksal einer in der Sittenanstalt inhaftierten Frauen.
Das ist völlig ok, dabei stören aber die mahnenden Zitate zum Ende doch ein wenig.

Das der Film ein Krimi im klassischen Sinne ist und kein Thriller, merkt man an vielen Ecken und Enden. Es gibt keine dramatischen Verfolgungsjagden, keine lebensbedrohlichen (und sinnfreien) Stunts, Motiv und Täter sind recht früh erkennbar und auch die „Fahndung“ nach den Übeltäter(n) geschieht im überschaubaren Tempo.
Im Mittelpunkt steht Ermittler Carl, der mit den Geistern seinerselbst und seiner Vergangenheit zu kämpfen hat.

In seiner Umsetzung hat der Film durchaus Luft nach oben. Einige Szenenbilder erscheinen mir unnötig, mögliche Spannungspunkte werden in wenigen Minuten dahergehetzt und die Darstellung der zweiten Zeitebene in der Vergangenheit ist angesichts der Enthüllung zu Beginn des Films eher ermüdend als spannungsfördernd.
Und doch hat mir „Verachtung“ gut gefallen. Einige Bilder wurden schön eingefangen, andere Momente gut erzählt.
Kenner der Romanvorlage werden möglicherweise nur den groben Plot wiedererkennen (soweit ich nachlesen konnte, fehlt ein ganzer Erzählstrang, ein Kernthema des Buchs wird im Film eher gestreift und zudem wird auf der Leinwand ein neuer Nebenplot eingeführt, der im Buch nicht vorkommt). Nichts Weltbewegendes möglicherweise, denn der Film funktioniert im Kern der Dinge ja auch so.
Mir gefällt die Figur des Carl Morck recht gut, das Motiv des Films ist ein Gutes und einige Schwächen in der Umsetzung verzeihe ich gerne, wenn ich Ermittler sehen darf, die höchstpersönliche Schwächen haben und denen es auch ohne Superkräfte und Sprüngen aus fahrenden Autos, Zügen, Flugzeugen gelingt, einen Fall zu lösen.

Eigentlich 4,5 – 5/10, tatsächlich fühlt es sich bei mir jedoch noch 5,5/10 an