DerSchweiger

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    Schock

    Mit einem mulmigen Gefühl in die Sneak gegangen – der Flur blinkte schon in buntem Disco-Look und Bob Marley tönte aus den Lautsprechern… wäre „One Love(!!)“ nicht der Titel zum Valentinstag gewesen?… oh je

    „Schock“ hingegen hat mit dem Blumentag nicht so viel gemein, also erstmal alles gut, oder?
    Bevor es weitergeht: Bis der Film erzählt, wo es hingehen soll, ist er schon fast zur Hälfte vorbei, etwaige Inhalte sind somit als Spoiler zu verstehen, wenn man „ohne Trailersichtung“ in den Film möchte.

    Bruno verlor seine Approbation als Arzt durch Drogenmissbrauch. Seitdem schlägt er sich als Arzt für Jene durch die Kölner Nacht, die aufgrund von Umständen keinen eigentlichen Arzt aufsuchen können – wie etwa die illegal eingeschleuste Prostituierte mit Zahnweh. Doch auch wenn er sich ausschließlich auf Schwarzmärkten etc. bewegt, scheint sich das Leben zu lohnen. Allerdings macht es Bruno offensichtlich fertig.
    Nun geschehen zwei Dinge: Er bekommt ein scheinbar lukratives Angebot, einem Unbekannten Klienten eine nicht zulässige Immuntherapie zu verabreichen und sein Schwager, ein Gangsterboss im Rotlichtbezirk, wird angeschossen.

    Schaut man bei den üblichen Filmkritikern vorbei, wird der Film beinahe überschwenglich in den Himmel gelobt. Man, was muss das für ein Film sein! Millieu-Studie, erbarmungsloser Gangsterfilm, intensive Charakterstudie… ja gut, wenn in der Szene jeder mit jedem befreundet ist, dann hört sich das eben so an.
    Die Regie teilen sich wohl Daniel Rakete Siegel und Denis Moschitto, der sich auch als Hauptdarsteller wiederfindet.
    Grundsätzlich doof ist das natürlich nicht.

    Als ich nach gefühlt einer Stunde auf die Uhr schaute war ich überrascht, dass erst 15 Minuten vergangen waren. Der Film zieht sich, nutzt keines der inhaltlichen Angebote um Tempo aufzubauen. Jede Szene ist gefühlt 3-5 Sekunden zu lang gedreht. Dazu gibt es eine unglückliche Anzahl von Füller-Szenen.
    Dialoge finden nur spärlich statt, was im Grunde auch völlig ok ist. Allerdings dienen die wenigen gesprochenen Worte dann dazu, den Inhalt bzw. den bedeutsamen Rahmen der Geschichte zu umreisen.
    Ehe man also weiß, warum man dem ewig traurig guckenden Mann hinterläuft, braucht es lange. Und diese Länge wird nicht genutzt, den Charakter der Person nahezubringen.
    OK, wenn Charakterentwicklung ohnehin keine Rolle spielt, ist es wohl auch gar nicht nötig.

    Dazu gesellen sich ab Mitte des Films einige inhaltliche Pannen dazu, die leider einigermaßen schwer wiegen.

    Das Gute an „Schock“: Er sieht gut aus. Teilweise gelungene Kamerafahrten und Bilder, wie etwa der stille Gruß an Batman, wenn Bruno auf dem Dach eines Mehrparteienhauses auf einen Stadtteil Kölns herabblickt.
    Die Action Elemente sind wenig effekthascherisch gedreht. So gibt es z.B. keine künstliche Vertonung von Pistolenschüssen. Dadurch klingen sie beinahe wie Platzpatronen zu Fasching, machen das Ganze dann doch spürbar authentisch.
    Die Meisten, die getroffen werden, fallen und sterben – ohne dreifache Rolle oder „Sag ihr, dass ich sie liebe“. Gut gemacht.
    Trist ist im Grunde die Stimmung, die für den Film gültig scheint, und so sind auch die Beziehungen untereinander. Etwas aus der Rolle fällt dabei das Kennenlernen von Brunos Schwester (bei den Blicken die sie ihm zuwirft, nahm ich aber zuerst an, er sei ihre Affäre… uff!) ein wenig aus dem Raster fällt. Doch auch das relativiert sich im weiteren Verlauf.
    Einige Szenen sind derbe, teils sehr blutig und unangenehm zu schauen. Doch das ist der Film leider in Gänze, dabei aber aus verschiedenen Gründen.
    Gelacht wird nie, gelächelt eigentlich auch kaum und stoisch ist der darstellende Stil sämticher Schauspieler.

    Hinterher hatte ich das Gefühl, als 60 minütiger Spätabendkrimi hätte das Ding toll funktionieren können. Das auf 100 Minuten aufgeblasene Spektakel ist schlicht zu lang, oftmals zu belanglos und unnötig zu lang gefilmt und in Szene gesetzt.
    Ein bisschen Straffen und vielleicht den einen oder anderen Schauspieler mit Ersatzgesichtsausdruck wäre schön gewesen.

    Möglicherweise bin ich hier zu streng und ein Arte Film darf nicht „zackig“ sein.
    Die wenigen Momente, in denen der Film hätte Fahrt aufnehmen können, reichen leider nicht für Lobeshymnen.

    4,5/10

    #239983
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    Manchmal bereitet die Sneak aber auch unverhofft tolle Filme laufen. So auch hier:

    A great place to call home

    Milton, ein kauziger Rentner in einer idyllischen Kleinstadt, lebt ein ruhiges Leben. Zu seinem Alltag gehört die wöchentliche Teilnahme an der Bürgerversammlung, wo er z.B. hartnäckig vorschlägt, den Stadtslogan zu ändern.
    Wie es nun mal so ist: Lasst ihn doch reden, der steht nächstes Mal eh wieder hier.
    Seine Tochter indes macht sich große Sorgen, denn plötzlich findet sie Konservendosen im Bad und die Zeitung im Gefrierschrank. Oh oh….

    Eines Nachts wird Milton aus dem Schlaf gerissen, als ein UFO in seinem Blumenbeet notlandet.
    Kann doch nicht sein. Jedoch mehr als das Raumschiff, ärgert sich Milton über das zerstörte Blumenbeet.
    In der ersten Aufregung verschafft er sich im Supermarkt und der Bürgerversammlung Gehör, doch außer den beiden alternden Damen Sandy und Joyce mag (wie so oft) niemand zuhören.

    Ganz am Rande habe ich von dem Film mitbekommen, allerdings mehr hinsichtlich dessen, dass Ben Kingsley mal wieder mit einer Hauptrolle ins Kino kommt. Der Herr, der in so vielen Klassikern der Filmgeschichte aufschlägt, aber andererseits auch so viel (sorry) Grütze veranstaltet hat.
    Was also kann man hiervon halten?
    Zunächst: Wenn ich bei „Erwachen der Jägerin“ fehlende Logik kritisiere, muss ich vorausschicken, dass Logik hier kein Faktor ist!
    Wie kann es also doch gelingen, hier einen bemerkenswerten Film zu landen? Indem die Charaktäre schrullig aber wertschätzend geschrieben (und gespielt) werden. Weil die Botschaft eine grundlegend Gute und Schöne ist und weil der Film tatsächlich aufzuzeigen weiß, dass die Dinge irgendwann mal sind, wie sie nunmal sind.
    Dazwischen gibt es viele humorvolle Einlagen, ohne dabei jemanden bloß zu stellen. Das kindlich anmutende Alien ist Anker von einigen wort- und situationswitzigen Momenten, der die Handlung aber auch zugegeben nicht sehr weit voranschreiten lässt.

    Gelingt es, in dieses Szenario einzutauchen, berührt der Film auf einigen Ebenen.
    Man schmunzelt über Miltons Umgang mit der Situation und bei der Suche nach Treibstoff für das Raumschiff, leidet aber auch mit ihm, als ihm bewusst wird, dass sich die Dinge für ihn sehr ändern werden.
    Das Bild einer jungen Generation, die die älteren Menschen nicht ernst nimmt, ist ja grundsätzlich kein neues Thema für das Kino. Und doch schwingt diese Botschaft augenzwinkernd mit, ohne die Geschichte zu überfrachten oder per Plothammer ins Zentrum zu prügeln.

    Die Chemie zwischen den drei Hauptdarstellern passt, einige Dialoge laden herzlich zum Schmunzeln ein. Ob das UFO vielleicht doch noch jemanden auffallen wird?… Nun ja, etwas Platz für Kritik gibt es ja immer ;)

    Und doch: eine wundervolle Sneak-Geschichte. Bei Veröffentlichung auf einer von mir gebuchten Streaming Plattform ist ein Wiedersehen garantiert.

    7/10

    #239981
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    Das Erwachen der Jägerin

    Helena ist die Tochter des berüchtigten „Marsh-King“, der einst ihre Mutter in die Wildnis entführte und dort die gemeinsame Tochter naturnah aufzog.
    Heute lebt sie unter falschem Namen mit ihrem Mann und Tochter abgelegen einer gemütlichen Ortschaft. Vorsicht ist geboten, denn der Vater gelobte einst vor der Verhaftung, wieder für sie da sein zu wollen.
    Als ihm nun die Flucht beginnt, muss sich Helena ihrer Vergangenheit stellen um ihre Familie zu schützen.

    In den wöchtenlichen Trailern der Sneak hatte man das Gefühl, hier könne „die Wutz“ rennen. Irrer jagt liebenswerte Familie – oh je, hoffentlich geht alles gut.
    Der Film entpuppt sich dann jedoch als grundlegend anders.

    Hier liegt nun ein Film vor, den ich beim Sehen eigentlich mögen wollte. Trotz „Star Wars“ habe ich keine grundsätzliche Aversion gegenüber Daisy Ridley und freute mich, sie nun womöglich bodenständig und ohne Superkräfte anzuschauen.
    Leider aber trifft der Film einige unglückliche Entscheidung in Punkto Rückblenden, Spannungsaufbau, Charaktertiefe und Zuschauerbindung.
    Einige Bereiche des Films für sich hätten gut gelingen können – etwa das Einleben in die moderne Zivilisation, die das Waldkind erleben musste. Der Spagat zwischen Naturverbundenheit und leben in der Moderne hätte ohne klimatischen Zeigefinger (der hier glücklicherweise nicht erhoben wird!) schöne Momente bereit halten können.
    Oder man macht es so, wie es der Trailer suggerieren möchte: Irrer will sich seine Tochter schnappen, die nun ihrerseits ihre Familie zu beschützen versucht.

    Beides ineinander zu vermengen ist schwierig, und das vorweggenommene Fazit: Es gelingt nicht.
    Mit 110 Minuten ist der Film gar nicht mal so lang, aber er fühlt sich deutlich länger an. In einigen Momenten genieße ich die Zeit, die man sich nimmt. Leider werden die Elemente, die hier ausgebreiet werden, beliebig wiederholt. Das Besondere des Moments geht dadurch verloren und man ertappt sich beim milden Gähnen.

    Schauspielerisch weiß ich nicht recht, was ich davon halten soll. Mendelsohn als Vater und Ridley als Tochter kann man grundsätzlich das Talent nicht absprechen. Fraglich ist, ob die Vorlage denn überhaupt mehr zulassen konnte.
    Die Motivation lässt sich im Grunde nicht ergründen (OK, ist häufig so, wenn Verrückte Straftäter ihre Welt erklären), die notwendige Bindung an den Zuschauer mit (individueller) Plausibilität der Tat hätte gut getan.
    Dazu – und wen wundert es überhaupt noch? – sind die Dialoge teils zum Auflachen.
    Dazu lässt das Drehbuch Helena einige sehr dummdämmliche Dinge machen, bei der ich mich fragte, ob sie die Gefahr nicht doch hervorbeschwören möchte.
    Angeblich nicht, also muss man diese Handlungsebene schlicht als dumm benennen.

    Grundsätzlich ist das Gerüst der Geschichte nicht zwingend auf Logik aufgebaut, aber man könnte es ja verzeihen, wenn dieser Umstand Spannung erzeugen könnte. Tut er leider auch nicht.
    Der Showdown wird auch merkwürdig zerstückelt und in die Länge gezogen – 100 Rückblenden inklusive.

    Man, echt schade.
    Hätte man sich vorher Gedanken darüber gemacht, was man denn zeigen wolle…
    20 Minuten mehr Laufzeit, und er würde sich prima in den Katalog der aufgeblasenen und nichtssagenden Filmchen auf Netflix einreihen.
    Für das Kino schlicht zu dürftig, im Rahmen der Sneak allerdings noch wohlwollend zur Kenntnis genommen.

    4/10

    #239551
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    Home Sweet Home – Wo das Böse wohnt

    Die hochschwangere Maria zieht mit ihrem Mann in ihr gemeinsames Haus ein. So zumindest der Plan, denn in letzter Minute muss er an einem wichtigen Meeting teilnehmen. Maria will nun also die ersten Tassen alleine in den Schrank stellen.
    Nachdem der Strom ausfällt nimmt sie merkwürdige Geräusche aus dem Keller wahr.
    Zu allem Übel hat es das Baby ungeahnt eilig, auf die Welt zu kommen.

    Nilam Farooq war mir zuletzt in „791 KM“ der einzige Lichtblick – ein unverhofftes Wiedersehen mit ihr ließ ich mir gerne gefallen.
    Leider wird recht schnell klar, dass sie hier an ihre Grenzen kommt und dann leider darüber hinaus agiert. Gefühlt die Hälfte des Films begleiten wir sie dabei, wie sie ins Wohnzimmer geht, in den Keller, zurück ins Wohnzimmer läuft usw. Schwer atment, schnufend und mich selbst redend, wie es Schwangere nun mal machen.
    Leider wirkt das mit Krampf bemühte „Alltägliche“ arg gekünstelt. Es gipfelt darin, wie sie sich aus einem Buch vorliest.

    Die Story an sich ist kaum erwähnenswert, aber das haben viele Horrorfilme gemeinsam.
    Das erstaunlichste hieran ist eher, dass man einen traditionel angehauchten Horror aus Deutschland serviert bekommt.
    Inhaltlich darf man sich durchaus an andere Produktionen aus Übersee erinnert fühlen. In seiner Machart fällt der Film dann doch leider durch. Schlechtes Timing, die – zugegeben wenigen – Jumpscares sieht man schon Minuten vorher kommen, Storytelling und Dialoge, die einem vor unfreiwilligem Lachen die Tränen in die Augen jagen.
    Das Schauspiel ist größtenteils unangenehm anzuschauen, insbesondere dann, wenn Normalos urplötzlich Wahnsinnige spielen wollen.

    Und doch, zwischen all dem Gemecker und Gelächter, findet man die eine oder andere schön eingefangene Szene. An anderen Stellen entdeckt man gutes Potential, ist aber doch schnell enttäuscht, wenn dieses jäh weggewischt wird.
    Ein aufrichtiges Lob dann allerdings für das Konzept, den Film ohne Schnitt einzufangen.
    Tatsächlich vermutete ich an einigen Stellen einen „unsichtbaren“ Schnitt – eine Recherche ergab aber, dass wir es hier wirklich mit einem One-Shot-Film zu tun haben.
    Ja, die Kulisse macht es dem Konzept denkbar einfach, dennoch müssen die Dinge eben auf den Punkt gelingen. Hier bin ich positiv überrascht.

    Nehmen wir dieses Gimmick aber zur Seite, haben wir hier einen schnell durchschaubaren Horror, dem es oftmals an der nötigen Raffinesse in der Handlung bzw. Interaktion der Figuren mangelt und dessen Dialoge besser nicht aufgenommen worden wären.
    Nach gut 80 Minuten ist dann aber jäh Schluss, eine Wohltat wenn man bedenkt, dass heutzutage beinahe jeder Murks auf mindestens zwei Stunden aufgeblasen werden muss.

    „Home Sweet Home“ wird diejenigen erschrecken, die ausschließlich deutsche Produktionen der öffentlich-Rechtlichen schauen – so fair darf man sein. Geübte Horror-Zuschauer halten nach einigen Minuten schon gähnend die Hand vor den Mund oder machen es wie der halbe Saal in der vergangenen Sneak: Man geht einfach früher.

    Ich weiß nicht, ob ich dem Film in einigen Punkten Unrecht tue und ihn für die falschen Dinge lobe – eine Wertung fällt mir hier tatsächlich eher schwer. Selbstredend nicht über 5, aber ein Totalausfall, der er zu oft zu sein scheint, ist er für mich auch nicht wirklich.

    4/10

    #239423
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    Wo die Liebe hinfällt

    Bea muss dringend auf Toilette, bekommt in einem Café aber nicht die Erlaubnis, diese zu nutzen. Zum Glück springt Ben ein und besorgt ihr den Schlüssel. Nach geglücktem Toilettengang verabredet man sich auf ein Date und ganz offensichtlich knistert es zwischen Beiden.
    Am nächsten Morgen schleicht Bea aus der Wohnung, Ben ist gekränkt… und als sich beide das nächste Mal zufällig über den Weg laufen, ist die Stimmung entsprechend mies.
    Zu allem Überfluss sind sie Gäste einer Hochzeit in Australien, wo der privaten Gesellschaft die ewig schlechte Laune der Beiden auf den Senkel geht. So beschließt man, die Beiden wieder miteinander zu „verkuppeln“, denn Sex löse ja so ziemlich jede Spannung. Bea und Ben spielen das Spiel mit, jedoch mit der Absicht, dass Bea nicht mit ihrem Ex zusammenhocken muss und Ben wiederum seine Ex so eifersüchtig macht, dass sie wieder auf ihn steht.

    Klingt ungefähr genauso witzig, wie es aussieht.
    Dabei ist es die typische Art schräger Komödie, die uns in den vergangen Jahren duchaus mit einigem Witzen unterhalb der Gürtellinie verwöhnt hatte.
    „Wo die Lüge hinfällt“ verzichtet beinahe ausschließlich auf solche Brüller, was auch durchaus wohltuend anzuschauen ist.
    Andererseits bietet die konstruierte Handlung keinerlei Falltiefe. Die Begründung, warum sich Bea und Ben zusammenraffen sollen, ist zu arg bemüht um sich dabei in irrwitzigen Situation (die es mit einer Ausnahme so auch nicht gibt) wiederzufinden.

    Von vorne bis hinten ist das hier ein Feel-Good Komödchen, das niemanden weh tun möchte. Das ist grundsätzlich fein, aber man verpasst an beinahe sämtlichen Stellen den Witz in den Witz zu bringen.
    Die Chemie zwischen den Darstellern ist niemals spürbar. So ist der gepielte Widerwille, gemeinsam eine Hochzeit zu begleiten, genauso wenig spürbar wie die möglicherweise aufkeimende Romanze zwischen ihnen.
    Auch das Brautpaar weiß keinerlei spürbare Funken zu versprühen, die eifersüchtig zu machende Ex muss im Grunde auch immer aussprechen was sie gerade darstellen will – man würde es sonst nicht erkennen.
    Einzig Beas Ex, der unter falschen Versprechungen zur Hochzeit eingeladen wurde, hat noch das Gefühl als Schauspieler unterwegs zu sein. Exotisch anmutend in diesem belanglosem Meeting, erfreulich für jede Szene und gleichermaßen bedauerlich, denn man ahnt, was man hätte bekommen können…

    Andererseits sind die Bilder jeweils schön eingefangen, der Abspann hat einen liebevollen Charme, den der vorherige Film leider vermissen lässt und hier und da wird man durch einen Sidekick zum Schmunzeln eingeladen.
    Genauso wie bei „Next goal wins“ vorige Woche, fehlt die Tiefe und das mögliche „Drama“, das einer Komödie Witz und nachhaltigkeit verleihen kann.
    Mit mir hat der Film zugegeben nichts gemacht, wobei ich aber auch nicht die angestrebte Zielgruppe wiederspiegle. Möglicherweise hat ein jüngeres Publikum mehr Freude an dem Film.

    5/10

    #239370
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    Next Goal wins

    Amerikanisch-Samoa wird nie genannt, wenn die großen Fußballnationen aufgezählt werden. Das ist verständlich, war man doch jahrelang letzter der FIFA-Weltrangliste. Nicht förderlich für den Qualitätsgedanken gegenüber der Fußballwelt erlangte man durch eine 0:31 Niederlage gegen Australien in 2001.

    Einige Jahre nach dieser Schmach dümpelt Amerikanisch-Samoa weiterhin sieg- und vor allem torlos vor sich hin.
    Verbandsmanager Tavita hat die Nase voll und möchte einen möglichst erfahrenen Trainer für seine Inselmannschaft gewinnen.
    Just zu dieser Zeit wird der Erfolglose Coach Rongen seines Amtes enthoben. Willste weitercoachen? Man hätte da eine interessante Idee….

    Weiter muss man über die Story nicht berichten. Dazu ähnelt sie zu sehr den üblichen „Versager übernimmt erfolglose Kindermannschaft einer populären Sportart und führt sie allen Widerständen zum Trotz zum Erfolg“ Filmen, die wir kennen (und lieben?)
    Anders hier: Der Fokus liegt nicht auf dem Gewinnen. Alles, was Amerikanisch-Samoa erträumt, ist endlich ein Tor in einem Qualifikationsspiel zu erzielen.
    Doch auch hier scheint es bloß beim Wunsch zu bleiben.

    Taika Waititi (der selbst als Erzähler und Priester auftritt) bastelt hier eine leichtfüßige Komödie über einen ebenso talentfreien wie auch sympathischen Underdog, der aber deutlich Biss und Spannungen vermissen lässt.
    Humorvolle Konfrontationen des Clash-of-Culture (auch sportlich zu verstehen) bleiben selten.
    Auch einige ernsthafte Töne werden leider nur nebenbei behandelt, ohne ihrer Tiefe im möglichen Kontrast zur humorvollen Abhandlung der sportlichen Aufgabe im Geringsten gerecht zu werden.

    Alles hier wirkt wie eine lästige Pflichtaufgabe für Waititi, Fassbender und Moss, die augenscheinlich keine Lust an diesem Projekt haben und somit jedwede „Liebe“ im Dreh und Schauspiel zu Hause lassen.
    Schön leichtfüßig dagegen die Darsteller der Inselbewohner, allen voran Kaimana, die als erste Transperson an einem Qualifikationsspiel zur Fußball-WM auflief.
    Kritisiert wird hier gerne, dass der Fokus nicht intensiver auf ihr und ihrer Leistung liege… Nun, es ist aber ein Film über ein Team und nicht den vermeintlichen Star einer Gruppe. Insofern bin ich mit der Gewichtung ihrer Story durchaus zufrieden, krankt doch es doch wie oben genannt auch hier am nötigen humoristischen Augenzwinkern einerseits und der, möglicherweise, benötigten erzählerischen Tiefe.

    OK, ich will ja einer leichten Komödie nicht nachsagen, man habe hier leichtfertig einen Oscar weggeworfen. Tatsächlich habe ich an einigen Stellen hörbar schmunzeln können, dazu gab es den einen oder anderen Lacher. Alles ok, für den im Abo enthaltenen Stream sicher eine Sichtung wert. Das Format Kino bringt hier allerdings keinerlei mehrwert.

    5/10

    #239329
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    Rebel Moon

    Der Film bot vor Release ja schon eine Menge Gesprächsstoff, der zugegeben auch schon zur Mythenbildung hätte reichen können.
    Die Idee sei 2x den Machern von Star Wars angeboten sein worden – ne, man wollte den „guten“ Stoff verfilmen. Dass „Gut“ immer relativ ist, wissen wir dann seit den Prequels der Filmreihe.
    Snyder will uns nun erzählen, dass bei Star Wars kein Interesse bestünde, denn der Film sei zu düster und hart (ja gut.. „Andor“).
    Aber es weckt immerhin Interesse.
    Knackpunkt: Zack Snyder. Von all seinen Filmen habe ich im Grunde nur bei „Dawn of the Dead“ nochmals Lust gehabt, ihn erneut zu schauen. „Man of steel“ hatte ich mögen wollen, ist wegen Anfang und Ende aber nicht gelungen. „Watchmen“ war mir zugegeben zu sperrig, lang und ohne Vorkenntnisse an jedwede Comic/Superhelden Wurzeln einfach nicht schaubar.

    Also gut, zwischen den Jahren weniger Termine, da bleibt auch die Zeit für über 2 Stunden „Wäre so gerne Star Wars“.
    Für die Laufzeit, und da reibt man sich die Augen, ist die Story mit 1-2 Sätzen erklärt: Das Imperium „Muttererde“ benötigt Getreide, um seine Armee zu füttern. Ein paar Bauern finden das doof und bekommen Ärger. Rumms, Peng, Bumm in ganz viel Zeitlupe, Blabla und Ende.

    „Rebel Moon“ hat ein paar Bilder, die mir tatsächlich gut gefallen haben. Leider gibt sich Snyder im Laufe des Films keinerlei Mühe, die Vorbilder für geklaute Szenen möglichst geschickt in seine Story einzubetten, sondern haut sie ungefiltert beinahe im 1:1 rein. Das wirkt durchaus schlampig und hilft dann auch nicht die Bohne, das wirklich üble Drehbuch zu kaschieren.
    Was sind denn das für Dialoge? Und warum sprechen alle, als wären sie frisch vom Schulhof gekommen? Bad Boys goes Weltall.
    Die glorreichen Sieben, bzw. sieben Samurai kämpfen gegen eine (wiedererstarkte) Rote Welle. Dabei besiegt der Steineklopfer eben das High-Tech Imperium mit einem Schulterzucken. War damals bei „Rocky IV“ schon übertrieben doof, und wird auch im Hier und Heute nicht besser.
    Dass das Imperium auch nicht eine Sekunde eine wirkliche Bedrohung, sondern vielmehr eine mit Sexstau geplagte Soldatentruppe aus „Die Verdammten des Krieges“ ist, hilft auch nicht weiter.

    Man kann hier tatsächlich Szene für Szene auseinanderpflücken. Dabei lagen die gute Zutaten doch auf dem Tisch.
    Warum man dann auch noch alle fünf Minuten ellenlange Zeitlupenszenen bringen muss, erschließt sich mir nicht. Das sieht bei der Bork-Königin… äh, Spinnenfrau… dann mal ganz ok aus, aber wieso wird denn beinahe jeder Schusswechsel in Slow-Mo gezeigt?

    Die Hoffnung einiger Zuschauer besteht im „Snyder-Cut“ des Snyder Films. Junge!
    Gore und Härte habe ich nicht vermisst, der Film krankt im Grunde fast allein bei der fehlenden Fleißarbeit beim Drehbuch- (und Dialog-) Schreiben und der nicht existenden Figurenzeichnung – von Entwicklung wagt man ja kaum noch zu träumen.
    Sollte also der 4-6 Stunden Cut des Regisseurs dann tatsächlich „dunkler“, „härter“ und „Erwachsener“ sein… dreht er dann den Film nochmal komplett neu?
    Man darf gespannt sein… ich bin es, zugegeben, nicht.
    Der für April bekanntgegebene Release von Teil 2 juckt mich schon nach Abspann nicht mehr.

    3/10

    #239209
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    The Queen Mary

    Da traut man sich am 2. Weihnachtstag tatsächlich ins Kino und wird mit diesem Grusler überrascht! Hach, besser kann das Jahr nicht enden…??

    1938 schleicht sich eine Gaunerfamilie aus der dritten Klasse auf eine Halloween-Party der ersten Klasse. Der Schwindel fliegt jedoch auf und Mama und Papa werden zurück unter Deck gebeten – das Töchterlein darf dabei ungestört am Tisch sitzen bleiben (der jetzt doch eigentlich für das Paar aus der ersten Klasse bereit stünde???).
    Während Papa schmollend durch das Schiff schlendert, zieht sich Mama in die Kabine zurück.

    Im Hier und Jetzt besucht Anne mit ihrem Sohn die zum Touristenschiff verkommene Queen Mary um an einem Buch zu recherchieren.
    Hier trifft sie auf ihren Ex Patrick. Dieser nimmt den Sohnemann mit auf eine Führung durch die Decks des Schiffs… bis dieser plötzlich spurlos verschwunden ist.

    Der Film verdient es tatsächlich, dass man ihn beinahe Szene für Szene auseinander nimmt, um größere Spoiler zu vermeiden, belasse wir es aber bei der deutlich abgespeckten Inhaltsangabe.
    Meint man es böse, könnte man auch sagen: Will man den Film beschreiben, wird man für dumm gehalten. „Überleg Dir doch bitte, dass Deine Geschichte eine Reihenfolge erhält…“

    Meine Vorfreude verflog tatsächlich bald. Gründe finden sicher auf mehr als zwei Stunden jede Menge.
    Der Film ist deutlich zu dunkel!! Aber nicht die wirkungsvolle situative Dunkelheit, die man aus guten Produktionen kennt – sondern durchweg. Auch im Grunde helle Szenen laufen wie unter einem UV Filter.
    Das Gute daran: Es bleibt einem in diesen Momenten das arg dürftige Schauspiel sämtlicher Mimen erspart.

    Der Film hat keine Struktur, keinen durchgehenden erzählerischen Faden. Ja, jetzt kann man den Regisseur dafür loben, es nicht wie andere Filmemacher ausprobieren zu wollen… aber doch bitte nicht so.
    Hier wird in der einen Szene auf das geschi***n, was einige Sekunden zuvor (verbal) etabliert wurde.
    Die Ironie des Ganzen: Hätte man sich entschieden, die Nummer konventionell zu erzählen, dann hätte ein passabler Grusler daraus werden können – das Setting „Schiff“ hätte zudem noch gewinnen können, fallen mir tatsächlich nur wenig gute Horrorfilme auf Schiffen ein.

    Die Kamera ist oftmals eine Zumutung! Wirre, ziellose Kamerafahrten – die wohl die undurchsichtigkeit der Geschichte unterschreiben möchten -, die irgendwie im Nichts verpuffen.

    Wenn nach ca. 70 Minuten dämmert, worauf der Film hinausmöchte, kann man tatsächlich einige dieser wirr über die Leinwand geschmissenen Handlungsstränge verbinden.
    Und dann, als hätte man den Zuschauer dabei ertappt, ein Licht im Dunkel zu sehen, wird wieder eine Handlungsebene aufgemacht.
    Es soll dabei das „Große Ganze“ aufgedeckt werden… hui hui hui… geht darauf bloß nicht ein! Sackgasse…
    Und wenn Anne im letzten Drittel dann in die Gänge plärrt „Das ist nicht real!“ wünscht man sich, dem wäre so. (Fragt man sie allerdings, warum sie überhaupt auf das Schiff gekommen ist… Ach ne, dann hätte man einer Idee folgen müssen).
    Ein paar Momente später trällert eine Dame auf dem Schiff sinngemäß „Ich will hier raus!“ und ich leide mit ihr.

    Schlimm, ganz schlimm, was man hier vorgesetzt bekommt. Lustlose Schauspieler folgen einem Drehbuch, das so nicht zu existieren scheint. Hinter jeder Ecke lauert eine „tolle“ Idee / Rückblende, und doch wird nichts daraus gemacht.
    „The Queen Mary“ ist kein Geisterschiff sondern eine belanglos zusammengeschusterte Geisterbahnfahrt von Wanderschaustellern.
    Der in einigen (dümmlichen) Szenen plazierte Gore ist allerdings gut anzusehen.

    Der filmische Rauschmiss aus dem Kinojahr entpuppt sich so leider zum großen Rausschiss.

    2/10

    #239205
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    Girl you know its true

    Die Vorweihnachtssneak brachte letzte Woche für das Publikum schon mal vorab ein kleines Geschenk. Spontaner Applaus als der Titel auf der Leinwand erschien.
    Meine Vorfreude hielt sich dagegen in Grenzen… zu Recht?

    Der adoptierte Rob Pilatus (der Vorzeigeschwarze im beschaulichen Münchner Vorort) hat einen großen Traum: Er möchte Sänger werden.
    Seine Eltern hingegen haben andere Pläne „Mach doch mal dein Studium zu Ende!“
    Ne, sowas sagt man einem Rob nicht und schwups ist er ausgezogen.
    Mehr schlecht als recht schlägt er sich als Breakdancer auf den Straßen Münchens durch, bis er den aus Paris kommenden Fabrice Morvan kennenlernt.
    Nach einer optischen Auffrischung der Haare sind sie tatsächlich der Hingucker in jeder Disco, werden für Zeitschriften und Kataloge fotografiert und werden als Hintergrundtänzer für Pop-Sternchen gebucht.
    Es läuft gut, bis der Musikproduzent Frank Farian auf die Beiden aufmerksam wird.
    Sein Plan: Nach Boney M. den nächsten Hit-Garanten zu etablieren.
    Rob´s und Fab´s Freude ist dann jedoch nur von kurzer Dauer: Sie sind bloß die Gesichter der neuen Marke, deren Sänger aufgrund des nicht medienwirksamen Aussehens geheim gehalten werden sollen.

    „Unter Protest“ macht man die Nummer mit, wird sie doch auch gut bezahlt. Und schwuppdiwupp landet man nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA in den Charts….

    Selbst kann ich mich noch an den „Skandal“ erinnern. Persönlich hat es nichts mit mir getan, obwohl einige ihrer Songs regelmäßig in der Kinderdisco unseres Dorfes liefen.
    Den Hass bekam ich auch nicht so sehr mit, bloß, dass sie plötzlich von der „Bildfläche“ verschwunden schienen.

    Elan Ben Ali und Tijan Njie spielen die Marionetten, die tatsächlich glaubten, erfolgreiche „Sänger“ zu sein, bombastisch gut!
    Während Fab immer wieder Zweifel in den Ring wirft, ob das denn alles richtig sei, was sie tun lebt Rob seinen großen Traum.
    Sympathisch macht es beide auf der Leinwand zugegeben nicht vollumfänglich, aber in diesem Film sieht niemand wirklich „gut“ aus.
    Und wo wir beim Thema Aussehen sind: Schweighöfer und Bella Dayne als Frank Farian und dessen (Ex)Freundin + Geschäftspartnerin Milli glänzen mit wirklich mieser Perücke.
    Schweighöfers Spiel wird in der Presse in den höchsten Tönen gelobt, das ist mir so aber nicht wirklich aufgefallen. Vermutlich (und da kann ich offenbar nicht objektiv genug sein) liegt es daran, dass ich ihn in seinem generellen Auftreten unaustehlich halte und er (meiner Meinung nach) den cholerischen Musikchef nicht glaubhaft darzustellen weiß.
    Sicher: Er schreit einige Male ins Telefon, der eine oder andere kernige Spruch zündet sogar, aber besser als „gut“?

    „Milli Vanilli“ schaut sich bei 2 Stunden sehr gut und flüssig. Die Zeit nach ihrem Crash wird zwar abgebildet, und doch fehlen noch die eine oder andere Randnotiz. Das fällt aber tatsächlich kaum ins Gewicht.

    Optisch sind wir hier im sehr guten Niveau unterwegs. Insbesondere die Konzertszenen brauchen den Vergleich mit anderen Biopics der Musikwelt nicht scheuen. Auch der Kontrast zwischen L.A. und München ist toll eingefangen. Dabei kommt mir weniger die Kartoffelsuppe in den Sinn, als der nachdenkliche Farian, der in die ländliche „Langeweile“ schaut, während sein Kunstprojekt in Amerika ein Leben in Sauß und Brauß lebt.
    Dabei hat Farian selbst ein dickes Bankkonto, das wird im Film allerdings nur indirekt thematisiert.

    „Girl you know its true“ war für mich eine positive Überraschung – während andere wissend sagen: „War doch vorher klar!“
    Ein unterhaltsames Biopic über schnell verglühte Popsternchen in tollen Bildern und mit Songs, die teilweise heute noch zünden können. Dazu zwei Hauptdarsteller, die man besser hätte nicht wählen können.

    Abrunden lässt sich der Film mit der Doku „Milli Vanilli“ auf Paramount+

    7/10

    #238800
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    Silent Night – Stumme Rache

    Ich stelle mir folgendes Szenario vor: John Woo lädt vorab zu einigen Probedrehs ein, dann streiken die Autoren und sämtliche Dialoge, die für den Film vorgesehen waren, sind nun weg. Was tun? Man hat ja noch die Probeaufnahmen, schneidet sie „clever“ aneinander und verkauft es als innovativen Actionfilm.
    So wird es nicht gewesen sein, aber das Ergebnis kann im Grunde nur durch ein solches Szenario schön geredet werden.

    Nachfolgend haben sich einige Spoiler eingeschlichen (sofern es bei Rache-Action denn „Überraschungen“ geben sollte) – deshalb bitte mit Vorsicht genießen ;)

    Es ist Heiligabend, als Brians Sohn durch eine Kugel sich rivalisierender Gangs getötet wird.
    Im ersten Impuls rennt er den Übeltätern hinterher und wird schließlich von Playa, dem Gangsterboss, niedergeschossen.
    Brian überlebt knapp, doch fortan kann er nicht mehr sprechen.
    „Still“ macht er sich nun an die Arbeit, die Übeltäter zur Strecke zu bringen.

    Ja, die Story ist Standart. Durchschnittsmann macht sich binnen einiger Trainingsmontagen zum Megakiller und legt ein Drogenkartell lahm. Gäbe es doch mehr solche Typen….
    Speziell wird der Zirkus dadurch, dass es nicht nur Brian, sondern nahezu dem gesamten Cast die Sprache verschlägt.
    Das hätte vielleicht sogar gelingen können, wenn der Fokus mehr auf Brian und seinem Umgang mit den Übeltätern gelegt geworden wäre. So aber ist beinahe die Hälfte des Films Altag zu sehen. Brians Frau hat ob seines Sprachverlusts möglicherweise Sprechverbot bekommen, oder zeigt sich schlicht solidarisch… keine Ahnung, warum sie ausschließlich per SMS mit ihm kommuniziert, obwohl sie drei Meter von ihm entfernt steht.
    Genauso alle anderen Situationen, in denen Brian „im Untergrund“ einkaufen geht, ein Kind vor dem Baumarkt knuddelt oder Playa dabei zusieht, wie er Geld unter den armen Kindern verteilt. Nonverbal, denn in Mexiko spricht man nicht miteinander.

    Wie gesagt: Das hätte bei anderer Herangehensweise gelingen können.
    Auch der immer wieder kehrende Fokus auf Brians Verlust und das er ja eigentlich ganz schön traurig ist, wäre in einer Szene erzählt und glaubhaft vermittelbar gewesen – dass es 4-5 Mal wiederholt werden muss, ist dem Guten zu viel.
    Dadurch wird auch die Prämisse, die solchen Rache-Filmen doch auch immer etwas Rohes, Knurrendes und (selbstredend) Gewaltätiges beschert, in vielen Momenten unfreiwillig komisch.
    Gut, Action Komödien gibt es ja auch – hätte auch irgendwie funktionieren können.

    Letztlich, und das hat mich beinahe am meisten erschrocken, tut das „Schauspiel“ durch die Reihe weg ihr Übriges.
    Wenn ich vorige Woche noch über ärgerliche Darstellungen deutscher Schauspieler meckerte, weiß ich nicht so recht, wie ich diese Nichtleistungen in „Silent Night“ beschreiben könnte.
    Niemand, wirklich niemand, kann sich in diesem Szenario der Wortlosigkeit mit irgendeiner Mimik oder Körperlichkeit durch die Szene retten.
    Joel Kinnaman als Brian hat dabei noch den dankbarsten Part. Wenn er 99% des Films mit herunterhängenden Mundwinkeln daherläuft, ist das wohl seinem Verlust zuzuschreiben. Wenn dann mal ein Tränchen kullert… na ja.
    Danach geht es aber schon direkt ins Bodenlose. Playa… was soll das denn für eine Darbietung sein? Ein Cop, der von Brian per USB Stick die Auflösung des Falls bekommt… meine Herren! Ein bisschen Mühe gibt sich da noch Brians Ehefrau, aber wie gesagt: Wenn man seinen Gefühlen allein per SMS Ausdruck verleihen darf, dann ist das eben auch so nur Mist.

    Positiv dagegen einige Actionszenen. Ich selbst frohlocke nie, wenn ein Film nur auf Kloppen und Hauen aufgebaut ist – aber hier wurde man von dem stillen „Unsinn“ befreit. Einige Momente werden lang und intensiv zelebriert, andere mal mit einem Headshot per Schrotflinte gelöst. Das geht in Ordnung.
    Befremdlich dagegen finde ich, dass der Protagonist ganz offensichtlich als „Ar*****ch“ gezeigt wird. Um sein Ziel zu erreichen sterben links und rechts des Weges einige Unschuldige, was er mal eben mit einem Achselzucken abtut. Letztlich ist er dann wieder mit seinem Sohn vereint…. dass dadurch Mama und Ehefrau gleich zweimal in den Hintern getreten bekommt ist dann eben so.

    „Silent Night“ bietet in den letzten 40 Minuten Einiges an Action, dass sich auch ein „Nicht-Action-Purist“ gut anschauen kann. Eingebettet in ein beinahe dümmliches Szenario mitsamt vierseitigem Drehbuch bleibt es aber auch der einzige Gewinn des Films.
    Alles andere ist schlicht schlecht.

    3,5/10

    #238649
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    Stellt euch folgendes Szenario vor: Ihr geht regelmäßig in die Sneak und seht vor dem Film wochenlang die selben Trailer. Urplötzlicher taucht einer davon nicht mehr auf, obwohl der Kinostart erst gut drei Wochen später ist… oh oh

    791 km

    Der Klimawandel macht es möglich (Ich bin mir sicher, hier einen Satz aus dem Film wiederzugeben): Ein Sturm bringt eines Abends den Zugverkehr aus München ausgehend zum erliegen. Zum Trost gibt die Bahn Taxigutscheine heraus, mit denen der Zielort angesteuert werden kann.
    Selbstredend sind wenige Minuten nach dem Streckenausfall auch keine Taxis mehr zur Verfügung, bloß das (mal kurz geparkte) Taxi von Joseph steht einsam vor dem Bahnhof.
    Weil nunmal alle die selbe Zielstadt haben, arrangiert man sich mit einer gemeinsamen Fahrt, auf der man sich schließlich näher kommt…

    Der Trailer, der wochenlang ausgestrahlt wurde, war grottenschlecht. Man ahnt hier bereits ein Feuerwerk an schlagfertigen und pointierten Dialogen gepaart mit spektakulärem Humor – und wer nicht gerne lacht, der bekommt die Sekunde drauf eben erklärt, warum das jetzt eigentlich doch witzig sein sollte.
    Ja, man ahnt hier die allseits gefürchtete „Deutsche Komödie“.

    Und tatsächlich bekommt man hier oftmals das übliche Trara: Schauspieler, die eine Rolle sehr betont „spielen“ (Seht mal, eigentlich bin ich nicht so, aber ich tue so als ob… ist das nicht ulkig?…. Frau Berben und Frau Urzendowsky?), man spielt eine Rolle in der man aber gleichzeitig betont, dass die Figur ganz sicher eine Läuterung erfährt (gelle, Herr Król?) und man spricht einfach Youtube und sonstige Social Plattformen Statements in künstlicher Überzeugung heraus (Herr Münchow).
    Und inmitten dieser unlustigen Kappelei (man kennt es aus dem Kasperletheater, wenn Kasperl mit dem Krokodil ringt, den Räuber in den Sack steckt oder die Hexe schimpft) sitzt dann Nilam Farooq, die ihre Gefühle mit kurzen Blicken, dem flüchtigen Verziehen des Mundwinkels o.ä. sichtbar machen kann.
    Sie ist dann auch, die im Laufe des Films ihre Rolle auf die Ereignise reagieren lässt und eine Variation in ihr Schauspiel bringt (Leider nicht immer zum „Guten“, aber das bleibt ja Geschmacksache).
    Alle anderen spielen ihre Rolle von vorne bis Ende genauso wie sie angefangen haben. Einzig die Worte, die in den Dialogen verwendet werden, ändern sich. Hier und da darf auch mal ein Tränchen fließen… dennoch bleibt es das von mir oftmals bemeckerte sture und durch Worte erklärende Spiel.

    Dennoch harmonieren die Darsteller untereinander und schaffen es, den Film bis kurz vor Hamburg mit einer gewissen Leichtigkeit zu tragen. Das in dieser Zeit die üblichen Coming outs, emotionale Rucksäcke etc. lang und breit erklärt werden, sollte zu erwarten sein.
    Dass der Film endet, wie er endet weiß man von Minute eins an – und das ist bei dieser Art Film dann auch nicht das Wesentliche.
    Der Weg ist das Ziel, sagt man so schön – und wenn der mit netten Einfällen, gut aufgelegten (und wandelfähigen) Schauspielern inmitten einer glaubhaften Kulisse aufgezeigt wird, ist doch alles gut.
    Leider kann „791 km“ nicht alles davon bedienen.

    Aber, und das stelle ich oftmals an mir selbst fest, bin ich nicht immer Zielpublikum des jeweiligen Films.
    Während zuletzt in einigen Filmen reichlich HalliGalli von Seiten des Publikums geboten wurde, war es in diesem Film mucksmäuschenstill!
    Vielleicht war es auch die Angststarre ;)
    Nein, ich möchte ja niemanden irgendwelche Filme madig machen und wie immer ist es auch hier nur meine Meinung.
    Gemessen an dem, was ich zuletzt am „Deutschen Humor“ erleben durfte, war das im Grunde schon wohltuend unaufdringlich.
    Die jeweiligen Bilder waren gut gesetzt, das Pacing der Handlung schön gesetzt und der leider übliche Kindergartenwitz (hier: Meine Frau ist schwanger) bleibt nicht vordergründig im Gedächtnis hängen.
    Dazu einmal ein richtig süßer Gag und schon kann man nicht ganz so böse sein.

    Nüchtern betrachtet bleibt „791 km“ kein guter Film weil er jederzeit durchschaubar ist. Gemessen an dem wirklich grottenschlechten Trailer aber deutlich besser als befürchtet.
    Da basltet ja jeder selbst eine Bewertung zusammen, meine lautet hier

    4,5/10

    #238438
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    Bodies [Netflix]

    In den Jahren 1890, 1941, 2023 und 2051 taucht an der selben Stelle der selbe Tote im Bezirk Whitechappel auf. Gestorben an einem Kopfschuss, keine Austrittswunde, kein Kugel.
    Nanu?

    Zeitreisefilme bzw. -Serien muss man mögen, sonst wird es nix. Das als Warnung vorweg, bevor hier jemand zu früh jubelt.
    Persönlich mag ich einige Vertreter des Genres, viele schaute ich aber vielmehr wegen den unterschiedlichen Kulissen, die man bei dieser Thematik wirkungsvoll in Szene setzen kann.

    So auch in dieser 8 Episoden langen Mini-Serie. Die Kulissen, insbesondere 1890 und 1941 sehen schön aus, auch wenn man einiges an Studiodrehs dabei ist.
    Folgen 1-4 wurden von Marco Kreuzpaintner gedreht, Folge 5-8 dann von Haolu Wang. Ohne dieses Vorwissen war ich tatsächlich ab Folge 6 ein wenig irritiert, warum der (zugegeben nicht immer elegant) zügig vorangetriebene Plot so plötzlich ins Stocken gerät und es beine ein Best-of der Folgen 1-4 wird.
    Witzige Systempanne: Nach Folge 6 startete Netflix nicht die nächste Folge sondern eine andere Serie. Ich glaubte also, „Bodies“ sei zu Ende – und Oha, mit was für einem Ende!! :D :D

    Tja, dumm gelaufen – gestern sah ich, dass noch zwei Folgen warteten.
    Die sind dann sehr linear erzählt und erklären das, was man sich die Folgen zuvor mühsam zusammenarbeiten musste.
    Aber kleine Entwarnung: So kompliziert wie „Dark“ wird es hier nicht.

    Spannend – so fair muss ich sein – wird es in der Serie nach Folge 2 eigentlich nicht wirklich. Das Mantra des „Man kann die Zeit nicht austricksen“ – zeigt etliche missglückte Versuche, ein Folgenschweres Unheil im Jahr 2023 zu verhindern.
    Wird es den Ermittlern über die verschiedenen Zeitebenen dennoch gelingen?

    Schauspielersich geben sich fast alle retlich Mühe und das Zusammenspiel einiger Charaktäre ist sehr schön mitanzuschauen.
    Schön auch der Stimmungswechsel in der letzten Folge, die plötzlich eine andere Bindung zu einigen Figuren ermöglicht.
    Die Story an sich ist so schlau, wie Zeitreisen eben sein können – man werfe einfach mehr Charaktäre in den Ring als man zählen kann, und schon ist die Verwirrung groß.
    Linear aufgelistet ist der Spuk recht schnell aufzuklären, der Schlüssel zum Erfolg könnte ketzerisch ähnlich der Prämisse, ob man Hitler als Baby töten dürfe, sein. Macht man aber nicht… wegen Spannung, Drama und so.

    „Bodies“ lässt sich gut am Stück weggucken, bzw. über ein Wochenende hinweg. Das macht Sinn, denn allzubald verblasst die schöne Fassade und hätte ich eine Woche zwischen Beginn und Ende der Serie vergehen lassen, hätte ich vermutlich nicht zu Ende geschaut.
    Vielleicht ist das zu verhindernde Drama im Heute nicht greifbar, bzw dramatisch genug in seiner Konsequenz um auf Strecke mit den Ermittlern mitfiebern zu können.
    Kings 11.22.63 hatte da einen anderen Fokus (und gleichzeitig Realitätsbezug) und mehr Charaktertiefe. Die vermisst man dann ab Folge 3 doch arg, denn bis auf Folge 8 bietet jede Episode die mehr oder weniger identischen Gesichtszüge der Protagonisten.

    Kein Meisterwerk, aber gut genug, um sich zwei, drei Tage damit zu beschäftigen.
    Der optische Eindruck und der Schnitt machen die Serie in Summe etwas besser, als sie tatsächlich ist.

    6,5/10

    #238436
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    BlackBerry – Klick einer Generation

    Nachdem man die letzten Jahre nur schwer um einen 80er Retro-Trend herum kam, scheint nun die Zeit der 90er gekommmen zu sein. Zumindest frohlockt das Kino mit der Aufarbeitung Milli Vanillis und auch die Sneak offenbarte eine Reise zurück in die „guten alten 90er“… zumindest für die, die sie als Solche empfanden ;)

    In der Zeit, in der Pager und Messenger bereits zum gute Ton gehörten, erkennt Mike einen Weg, auch E-Mails zwischen den Handys austauschen zu können. Besonders geschäftstüchtige Menschen fühlten sich sehr davon angesprochen, der Hype ist jahrelang groß.

    Tja, und sonst? Das war es auch schon. Klar, man lockt mit einem locker, flockigen Blick hinter die Kulissen – oft im auffällig wackligen Handkamera-Stil gefilmt. „The Office“, „Stromberg“, „Modern Family“ (u.a.) lassen grüßen.
    Der Trick gelingt, solange die Nerds noch Nerds in einer verramschten Wohnung sind, in der neben genialen Geistesblitzen vor allem Chatrooms über Star Trek verfolgt werden.
    Die harte Arbeit vertreibt man sich mit dem Zocken von Computerspiele. Um Rückschläge zu verarbeiten, wird kurzerhand eine „Movie-Night“ auf den Tagesplan gesetzt. Hurra Hurra, es lebe das unbekümmerte Leben bebrillter Nerds.

    Als Geschäftsman Jim die Bühne betritt, wird aus Spiel etwas mehr Ernst. Schwuppdiwupp hat man sich vergrößert, treibt sich in einem mehrstöckigen Bürokomplex herum und wird zur Mobiltelefon Marke Nummer 1.
    Das geht dann eine Stunde mehr oder weniger so weiter, Mike erfährt eine minimale Charakterentwicklung (die so ziemlich allen Anderen im Film verwehrt bleibt), Jim schmeißt Geld mit beiden Händen aus dem Fenster und schreckt auch vor Aktienbetrug nicht zurück.

    Der abrupte Absturz von BlackBerry ist heutzutage vielleicht für jene interessant, die wissen möchten, was so eigentlich vor Apple auf dem Markt war. Wer es damals (mehr oder weniger) miterlebt hat, der weiß ohnehin, wohin die Reise geht.
    Überraschend dabei ist dann bloß die doch unlustige und beinahe humorferne Umsetzung des Stoffs – dabei bemüht man doch sichtlich verkrampft nahezu alle Technik-Nerd-Klisches.
    Hier und da ein cooler Spruch, hin und wieder eine popkulturelle Anspielung die zum Schmunzeln einlädt… und sonst leider nicht viel.

    Was arg problematisch klingt, wird durch den Hauptcast locker flockig aufgefangen. Auch wenn man hier nicht von einer Komödie sprechen kann und der Thrill des Auf- und Abstiegs eines Garagenunternehmens verfliegt, bevor er eigentlich startet, kann man sich gut unterhalten fühlen.
    Mitverantwortlich dafür ist neben den gut aufgelegten Darstellern der ziemlich gute Soundtrack. Dazu beinahe halbminütig ein erkennendes Fingerschnippen, wenn ein Charatker ein cooles Filmshirt trägt oder im Hintergrund Kultposter auftauchen.
    Billig, aber effektiv ;)
    Wer sich den Abspann anschauen möchte, wird staunen, dass die Quellen zu Filmshirts und -Postern länger ausfällt als das Auflisten der am Film beteiligten Personen.

    Tja, und schon haut man für einen Film, der keinen besonderen Mehrwert hat, und locker 10 Minuten zu lang ausfällt, eben mal

    6/10 raus ;)

    #238381
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    @thanassi

    Danke für das Feedback.
    Ich empfinde beim Ende genauso wie Du, sehe aber auch eine Grenzüberschreitung von ihm im Chat, was möglicherweise heutzutage das umgedrehte Stalking Margots begründen „dürfte“.
    Damit ich nicht missverstanden werde: 5 Punkte von mir nicht, weil mir die (vermeintliche) Aussage des Films nicht gefällt, sondern weil er mich handwerklich nicht sonderlich abholt.

    Natürlich ist es wichtig, Margots Ringen zwischen emotionaler Geborgenheit und sexuellem Verlangen aufzuzeigen. Auch, dass ihre Wünsche von ständigen Ängsten begleitet werden. Hier hätte ich mir ein anderes, weniger „Marktschreiendes“, Stilmittel gewünscht.

    Die 7 Punkte gönne ich Dir und freue mich, dass er Dir im Rahmen gefallen konnte. Und 5 Punkte von mir sind ja auch nicht sooo mies – eben Durchschnitt ;) – auch wenn mir der Film den einen oder anderen Lacher abringen konnte :)

    #238356
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    Cat Person

    Verfilmung einer Kurzgeschichte von Kristen Roupenian aus 2017.
    Nie gehört, gelesen oder die Debatte davon mitbekommen, und so saß ich ohne jegliches Vorwissen in diesem Film.

    Das Vorwissen könnte einigermaßen helfen, denn einen wirklich klaren Ton verfolgt der Film nicht.

    Margot arbeitet neben ihrem Studium an der Snackbar eines Kinos. Dort lernt sie Robert kennen. Der erste Flirtversuch misslingt, beim zweiten Mal scheint sie Erfolg zu haben.
    Man schreibt sich Chatnachrichten per Handy, ehe er sie in der Uni besucht. Die Dinge gehen schief, aber Margot kann nicht von ihm lassen. Nach einem Wochenende bei ihren Eltern schreibt sie quasi nonstop Nachrichten, ehe er nach einer stressigen Arbeitswoche wieder antwortet.
    Das erste „echte“ Date naht… ob es Glück für Beide bereithalten wird?

    Wie erwähnt, findet der Film keinen konkreten Ton. Vieles dümpelt als laue Beziehungskomödie daher, dann kommen Bilder aus Margots Phantasie ins Spiel und es schaut plötzlich nach Horror / Torture aus.
    Dazu zeigt sich Margot sehr aufgeschlossen gegenüber sexuellen Erfahrungen und bietet selbst ihrem Vater während dem Geburtstagsständchen eine denkwürdige Body-Performance…
    Ein bisschen Gender-feelgood-komödie, die wahrscheinlich längste Sexszene des Jahres und einer Eskalation, die mit merkwürdigen Schuldzuweisungen endet.

    Die Kurzgeschichte aus 2017 habe wohl sehr rege Debatten ausgelöst, weil sich durch die Story nicht herausfiltern lies, wer denn nun was falsch gemacht habe. Die Antwort im Film dagegen scheint so einfach wie (un)plausibel: Der Kerl ist ein Arsch.
    So?
    Ja und nein.
    Natürlich betrachte ich den Film tendenziell eher mit dem Fokus: „Wie hätte ich reagiert, wenn Margot mir so begegnet wäre?“. Frauen mögen da möglicherweise eine andere Sicht der Dinge haben, und das ist grundsätzlich auch gar nicht schlecht.
    Final ist es ein Film, über dan man diskutieren kann – möglicherweise muss.
    Vielleicht verstünde ich dann, warum mein Gedanke „So eine blöde Kuh“ scheinbar grundsätzlich falsch ist.

    Die Bilder sind sehr gut eingefangen, stellenweise schöne Kameraeinstellungen.
    In der Darstellung sind beide Hauptrollen gut besetzt, wecken sie bei mir doch recht ambivalente Gefühle. Der Nebencast – obwohl teils prominent besetzt, spielt beinahe keine Rolle.

    Als filmisches Kunstwerk (stammt ja schließlich aus dem Hause Arthaus) wird es eher wenig in Erinnerung bleiben. Er bleibt einzig durch die diskussionwürdige Auflösung im Gedächtnis… und selbst da, verfliegt sie doch recht bald.
    Möglicherweise wird sie dennoch als wichtiges Beispiel der Darstellung einer toxischen Beziehung gelten (wollen)… aber was weiß ich (zum Glück) davon?…

    5/10

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