Antwort auf: Heute habe ich mir folgenden Film angesehen…. (2018)

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DerSchweiger
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@derschweiger

Hellraiser

@hal9000b hat ihn ja vor ein paar Wochen gesehen und seine Sicht geschildert.
Freitag durfte ich ihn mir in unserem Kino anschauen und war tatsächlich ein wenig aufgeregt.
Wie schon an anderer Stelle erwähnt, konnten nicht alle meiner Teenie Monster-Helden (Freddy, Chucky, Jason) gut altern und bei vielen Filmen bin ich inzwischen abgekommen, sie unter dem Deckmantel „Kult“ als besonders gelungen zu titulieren.
Dann die ersten Szenen und der Film hat mich wieder eingefangen!
Klar, Dialoge und Szenenfolge sind der damaligen Zeit geschuldet, die würden wir uns heute so nicht mehr anhören, aber das lasse ich mir natürlich gefallen.
Für einen Horrorfilm der damaligen Zeit kommt er mit gefühlt wenig Blut daher, die Schockmomente halten sich auch in Grenzen, weswegen Gorefans auch lieber zu „Hellraiser II“ tendieren mögen.
Was mir aber wieder mal bewusst wurde: Hier wird eine Geschichte erzählt.
@hal9000b betont dabei die Geschichte um eine bedingungslose Liebe, die in dieser Form auch tatsächlich Triebfeder des Ganzen ist, sehe dabei aber den Umgang mit der inneren Leere und der Suche nach dem Besonderen als vordergründige Motivation.

„Das kann doch nicht alles sein“ (oder so ähnlich) sagt Frank in einem Flashback, nachdem er eine Affäre mit der frisch angetrauten Frau seines Bruders begonnen hat.
Nachdem Frank mithilfe eines besonderen Würfels die Tore zur Hölle geöffnet hat, wird er in selbige gerissen.
Das Blut seines Bruders hilft ihm, sich aus der Höllenwelt zu „schleichen“ und sich teilweise zu rematerialisieren – jedoch benötigt er eine größere Menge Blut, um wieder der zu werden, als der er diese Welt verlassen hat.
Seine Schwägerin Julia ist abgestoßen und fasziniert zugleich (in Barkers Werken hat die Erotik einen sehr großen Stellenwert) und wird ihm die nötigen Opfer bringen.
Im weiteren Verlauf wird Franks Nichte Kirsty (auf die Frank ebenfalls mehr als ein Auge geworfen hat) eine bedeutsame Rolle spielen, als ihr zufällig der Würfel in die Hände fällt.

In der Tat wirken einige Szenen eher unglücklich geschnitten, die Frisuren haben mich dabei allerdings weniger gestört als das Make-up ;) Hier und da blitzen bedeutungschwere Dialoge durch, die es so nicht gebraucht hätte – aber ich bleibe mal dabei: In dem, was uns der Film erzählen möchte, war er seinem Genre zur damaligen Zeit möglicherweise voraus.
Vielleicht sieht man diese Nuancen auch nur dann etwas deutlicher, wenn man mit Barkers Werken insgesamt vertraut ist (wobei mir seine Novelle zu „Hellraiser“ gar nicht in Erinnerung bleiben wollte – anders als das ebenfalls verfilmte „Cabal“).
Gemeinsam mit „Hellraiser II“ hat Barker hier eine Welt im Horrorgenre etabliert, die ihresgleichen sucht. Vielleicht ist der eher spärliche Einsatz der Zenobiten (Pinhead heißt hier noch schlicht „leading cenobit“) nicht hoch genug zu bewerten. So bleiben sie ein Mysterium, ihre unheildrohende Präsenz wird nicht ausgeschlachtet und zur beliebigkeit eingesetzt. Eine Oper über die Suche nach Erfüllung voller Düsternis, Blut und Tod. Den Einsatz der morbiden Erotik (die an der Grenze der Necroromantik angesiedelt ist) zeichnet Barkers Handschrift aus. Wer damit nicht kann, wird möglicherweise arge Probleme bekommen (wobei wir hier weit von einer 50 Shades Inszenierung entfernt sind).

Ich behaupte mal, als Kind dieser Zeit hat „Hellraiser“ durchaus den einen oder anderen Sympathiepunkt mehr in der Gesamtwertung, aber vergleiche ich es mal frech mit dem Murks, den man ansonsten zu der Zeit rausgehauen hat (und es heute auch nicht immer besser kann) haben wir hier tatsächlich einen Meilenstein des Horrorkinos.

Lange hielt ich „Hellraiser II“ als besser, inzwischen bin ich mir da gar nicht mehr so sicher.
9,5/10