Antwort auf: Heute habe ich mir folgenden Film angesehen…. (2021)

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Spur der Steine (1966):

Eine Großbaustelle in der DDR in den 60ern: Was die Planung vermurkst, rücken der Brigadier und Zimmermann Hannes Balla (Manfred Krug) und seine Kumpels zurecht. Sie entführen schon mal einen Kieslaster, wenn die planmäßigen Lieferungen ausbleiben. Trotz ihrer respektlosen Art und ihrer unsozialistischen Methoden der Baumaterial Beschaffung fällt es der Bauleitung schwer die Brigade kritisieren, da ihre Arbeitsleistung nie zu wünschen übrig lässt.
Der Anarchie der Ballas sollen der neu eingesetzte Parteisekretär Werner Horrath (Eberhard Esche) und die junge Ingenieurin Kati Klee (Krystyna Stypulkowska) ein Ende bereiten.
Horrath will sich dem rüden Balla nicht kampflos unterwerfen und die Zustände auf der Baustelle wirklich verbessern. Wider Erwarten, und nicht ohne Klees Mithilfe, geht Balla auf den Vorschlag des Parteisekretärs ein und beginnt mit seiner Truppe nach dem kräftezehrenden Drei-Schichten-System zu arbeiten.
Aus dem gegenseitigen Respekt der beiden Männer wird bald Rivalität, als sich beide in Kati verlieben. Horrath kann ihr Herz gewinnen. Doch als sich Horrath nicht öffentlich zu seinem Verhältnis bekennt, hat das für alle Beteiligten weitreichende Konsequenzen.

Der Film spielt in den Aufbaujahren der noch recht jungen DDR. Er offenbart ein wiedersprüchliches Gesellschaftssystem, welches den Einzelnen stets mit Doppelmoral und aufgedrängter Parteidisziplin bedroht. Er zeigt auch, das selbst parteitreue Kader ihre liebe Not haben die ihnen auferlegten Rollen und Aufgaben getreu der Partei zu erfüllen. Bei der abgehaltenen Parteisitzung die wegen der „unmoralischen Zustände“ auf dem Bau angesetzt wird, treten bei vielen Verantwortlichen verstärkt Gewissenskonflikte zu Tagen. Konflikte, die sich zwischen den von der Partei vorgegebenen und erwarteten Meinungen und Handlungen und dem eigenen individuellen Gewissen auftun.

Der Film schafft es gewohnte Rollenmuster stereotyp darzustellen und dann doch wieder innerhalb von Minuten in Frage
zustellen und teilweise auch einzureißen.

So wird der von Manfred Krug dargestellte Hannes Balla als ein Kerl wie ein Baum, raubeinig, dickfellig und charakterfeste gezeichnet der jedoch im Laufe des Films für den Zuschauer eine Transformation darbietet die das zuvor gesehene und als unumstößlich war genommene komplett negiert. Hinter seiner prollige Art kommt ein einfühlsamer und verständnisvoller Charakter zum Vorschein.

Der von Eberhard Esche dargestellte Parteisekretär Werner Horrath ist ein verheirateter Familienvater der jedoch zu der Ingenieurin Kati ein sexuelles Verhältnis aufbaut. Als er sich im Zuge der bei Kati abzeichnenden Schwangerschaft nicht öffentlich zu seinem Verhältnis bekennt, hat das für alle Beteiligten weitreichende Konsequenzen.

Der Film hat mir dahingehend gut gefallen, da er in Bezug zur damaligen Zeit ein ehr kritisches Bild auf die gesellschaftlichen Verhältnisse wirft, ohne die vielleicht erwarteten parteihörigen Parolen (‚Vorwärts immer, rückwärts nimmer‘) vorzubeten. Man merkt schon, das die Macher des Films den
Sozialismus nicht angreifen, sondern ihn hinterfragen und nachhaltig verbessern wollten. Er erzählt so schlüssig und lebensnah von jener DDR zu Beginn der 1960er Jahre, von denen, die engagiert den Sozialismus aufbauen wollten, und jenen,
die dies parteibürokratisch verhinderten.

7,5/10